Von COLLIN MCMAHON | Der US-Moderator Tucker Carlson hat am Freitag in Moskau den russischen Außenminister Sergej Lawrow interviewt (PI-NEWS berichtete). Da Carlson dem nächsten US-Präsidenten Donald Trump nahesteht, wird das Gespräch als ein erster Schritt in Richtung Friedensverhandlungen für die Ukraine gewertet.

Lawrow unterstrich die Verhandlungsbereitschaft Moskaus und warnte vor weiteren Eskalations- und Destabilisierungsversuchen der Biden-Regierung in ihren letzten Tagen. Das Interview wurde wenige Tage vor dem Sturz der Assad-Regierung in Syrien geführt. Lawrow sprach darin die Weigerung der deutschen Bundesregierung an, die Testergebnisse bei der medizinischen Untersuchung von Alexei Nawalny durch das Institut für Pharmakologie und Toxikologie der Bundeswehr 2020 zu veröffentlichen. Er deutete außerdem an, dass die USA bereit wären, eine atomare Eskalation in Europa hinzunehmen, weil sie der Meinung seien, die USA wären nicht betroffen.

Wir veröffentlichen das gesamte, 80 Minuten lange Interview in der deutschen Übersetzung

Tucker Carlson: Minister Lawrow, vielen Dank für dieses Interview. Befinden sich Russland und die USA ihrer Meinung nach im Krieg miteinander?

Sergej Lawrow: Das würde ich nicht sagen. Und auf jeden Fall ist das nicht, was wir wollen. Wir möchten natürlich normale Beziehungen zu all unseren Nachbarn haben, insbesondere zu einem großen Land wie den USA. Präsident Wladimir Putin hat wiederholt seinen Respekt vor dem amerikanischen Volk, vor der amerikanischen Geschichte, vor den amerikanischen Errungenschaften in der Welt zum Ausdruck gebracht, und wir sehen keinen Grund, warum Russland und die Vereinigten Staaten nicht um des großen Ganzen willen zusammenarbeiten können.

Tucker Carlson: Aber die USA finanzieren einen Konflikt, in den Sie verwickelt sind, und erlauben jetzt Angriffe auf Russland selbst. Das stellt also keinen Kriegsakt dar?

Sergej Lawrow: Nun, wir befinden uns offiziell nicht im Krieg. Aber was in der Ukraine passiert, ist etwas, dass man einen „Hybridkrieg“ nennt. Ich würde es auch so bezeichnen. Es ist bekannt, dass die Ukrainer ohne die Unterstützung des US-Militärs nicht in der Lage wären, moderne Langstreckenwaffen einzusetzen. Das ist gefährlich, kein Zweifel.

Wir wollen die Situation nicht verschlimmern, aber da jetzt die ATACMS und andere Langstreckenwaffen gegen das russische Kernland eingesetzt werden, senden wir Warnsignale, wie vor ein paar Wochen, mit dem neuen Waffensystem namens Oreshnik. Wir hoffen, dass dieses Signal verstanden und ernst genommen wird.

Wir wissen jedoch auch, dass einige Beamte im Pentagon und in anderen Institutionen wie die NATO, kürzlich begonnen haben, zu sagen, dass die NATO zwar eine Verteidigungsallianz ist, aber auch mal zuerst zuschlagen könne, weil der Angriff die beste Verteidigung ist.

Einige andere im US Strategischen Kommando (STRATCOM), (Admiral) Thomas Butschanan war sein Name, Vertreter von STRATCOM, sagte zum Beispiel, dass ein begrenzter Austausch von Atomschlägen denkbar wäre.

Diese Art von Drohung ist wirklich besorgniserregend.

Denn wenn sie der Logik folgen, die einige Westler in letzter Zeit ausgesprochen haben, die nicht glauben, dass Russland rote Linien hat, haben sie ihre roten Linien angekündigt, die immer wieder verschoben werden. Das ist ein sehr schwerwiegender Fehler. Das möchte ich als Antwort auf diese Frage sagen.

Wir sind nicht diejenigen, die diesen Krieg begonnen haben.

Präsident Putin hat mehrmals gesagt, dass wir die spezielle Militäroperation gestartet haben, um den Krieg zu beenden, den das Kiewer Regime gegen sein eigenes Volk im Donbass führte.

In seiner jüngsten Erklärung hat Präsident Putin deutlich gemacht, dass wir für jede Eventualität bereit sind. Aber wir bevorzugen eine friedliche Verhandlungslösung auf der Grundlage der Achtung der legitimen Sicherheitsinteressen Russlands und der Menschen, die als Russen in der Ukraine leben, und ihrer grundlegenden Menschenrechte. Ihr Recht auf ihre Sprache und ihre Religion wurden durch eine Reihe von Gesetzen des ukrainischen Parlaments abgeschafft. Das begann lange vor der militärischen Spezialoperation.

Seit 2017 wurden Gesetze verabschiedet, die den Unterricht auf Russisch verbieten, den Betrieb russischer Medien in der Ukraine verbieten, ukrainische Medien die Arbeit in russischer Sprache verbieten, und zuletzt gab es Schritte, um alle kulturellen Veranstaltungen auf Russisch abzusagen. Russische Bücher wurden aus Bibliotheken entfernt und vernichtet. Das jüngste Beispiel war das Gesetz, das die ukrainische orthodoxe Kirche verbietet.

Wissen Sie, es ist sehr interessant, wenn die Leute im Westen sagen, dass sie wollen, dass dieser Konflikt auf der Grundlage der UN-Charta und der Achtung der territorialen Integrität der Ukraine gelöst wird, und Russland sich zurückziehen muss. Der Generalsekretär der Vereinten Nationen sagt ähnliche Dinge. Kürzlich wiederholte sein Vertreter, dass der Konflikt auf der Grundlage des Völkerrechts, der UN-Charta und der Resolutionen der Generalversammlung unter Wahrung der territorialen Integrität der Ukraine gelöst werden muss. Es ist eine Fehlbezeichung, denn wenn Sie die Charta der Vereinten Nationen respektieren wollen, müssen Sie sie in ihrer Gesamtheit respektieren. Die Charta der Vereinten Nationen besagt unter anderem, dass alle Länder die Gleichheit der Staaten und das Recht auf Selbstbestimmung respektieren müssen.

Sie erwähnen auch die Resolutionen der UNO-Generalversammlung, und was sie meinen sind die Vielzahl von Resolutionen, die sie nach Beginn der militärischen Sonderoperation verabschiedet haben und die Verurteilung Russlands fordern, und Russland auffordern, das ukrainische Territorium in den Grenzen von 1991 zu verlassen.

Aber es gibt auch andere Resolutionen der Generalversammlung der Vereinten Nationen, über die nicht abgestimmt wurde, die aber einvernehmlich waren, und unter ihnen befindet sich eine Erklärung über die Grundsätze der Beziehungen zwischen den Staaten auf der Grundlage der Charta. Und da heißt es eindeutig, dass jeder die territoriale Integrität von Staaten respektieren muss, deren Regierungen das Recht der Menschen auf Selbstbestimmung respektieren und aus diesem Grund die gesamte Bevölkerung vertreten, die in einem bestimmten Gebiet lebt.

Es ist widersinnig zu behaupten, dass die Regierung, die im Februar 2014 in der Ukraine durch einen Militärputsch an die Macht kam, die Bewohner der Krim oder der Ost- und Südukraine repräsentierten. Es ist offensichtlich, dass die Krim diesen Putsch abgelehnt hat. Sie sagten, lasst uns in Ruhe, wir wollen nichts mit euch zu tun haben.

Der Donbass und die Krim hielten ein Referendum ab und sie schlossen sich wieder Russland an. Donbass wurde von den Putschisten, die an die Macht kamen, zur Terrorgruppe erklärt. Sie wurden beschossen, von Artillerie angegriffen. Der Krieg begann. Im Februar 2015 wurde er beendet und die Minsker Abkommen wurden unterzeichnet.

Wir waren sehr aufrichtig daran interessiert, dieses Theater durch Umsetzung der Minsker Abkommen zu beenden. Das wurde jedoch von der Putschisten-Regierung in der Ukraine sabotiert. Sie wurden aufgefordert in einen direkten Dialog mit den Menschen zu treten, die den Putsch nicht akzeptierten und wirtschaftliche Beziehungen zu diesem Teil der Ukraine fördern. Und so weiter. Nichts davon wurde getan.

Die Regierung in Kiew sagte, wir sprechen nicht mit ihnen. Obwohl die Forderung, direkt mit (den abtrünnigen Republiken) zu sprechen, vom Sicherheitsrat gebilligt wurde. Und die Putschisten sagten, sie seien Terroristen, wir bekämpfen sie, sie werden in ihren Kellern sterben, weil wir stärker sind.

Hätte es den Putsch im Februar 2014 nicht gegeben und der am Vortag zwischen dem damaligen Präsidenten und der Opposition erzielte Einigung umgesetzt worden, wäre die Ukraine mit der Krim ein Land geblieben. Das ist absolut klar.

Sie haben den Deal nicht eingehalten. Stattdessen inszenierten sie den Putsch. Das Abkommen sah übrigens die Schaffung einer Regierung der nationalen Einheit im Februar 2014 und die Abhaltung von vorgezogenen Wahlen vor, die der damalige Präsident verloren hätte. Das wusste jeder. Aber sie waren ungeduldig und stürmten am nächsten Morgen die Regierungsgebäude. Sie gingen an den Maidan und verkündeten, dass sie eine Regierung der Sieger gebildet haben.

Statt einer Regierung der nationalen Einheit zur Vorbereitung von Neuwahlen gab es eine Regierung der „Sieger“. Wie können diejenigen, die angeblich „besiegt“ wurden, diese Regierung in Kiew respektieren?

Das Recht auf Selbstbestimmung ist die internationale Rechtsgrundlage für die Dekolonialisierung in Afrika, die auf der Grundlage des Menschenrechts auf Selbstbestimmung stattfand. Die Menschen in den Kolonien habe die Kolonialmächte nie als ihre Vertreter gesehen.

Aus dem gleichen Grund betrachten die Menschen im Osten und Süden der Ukraine, die Menschen in Donbass und Novorossija, das Selenski-Regime nicht als ihre Vertreter. Wie könnten sie, wenn ihre Kultur, ihre Sprache, ihre Traditionen, ihre Religion, verboten ist?

Der erste Artikel der UN-Charta, an den sich der Westen im ukrainischen Kontext nie erinnert, besagt: „Respektieren Sie die Menschenrechte aller, unabhängig von Rasse, Geschlecht, Sprache oder Religion.“

Nehmen Sie jeden Konflikt. Die Vereinigten Staaten, Großbritannien, Brüssel, sie einmischen sich immer weil die Menschenrechte angeblich verletzt wurden. „Wir müssen die Menschenrechte in diesem und jenem Land wiederherstellen.“ In der Ukraine haben sie die Worte „Menschenrechte“ nie in den Mund genommen, da diese Menschenrechte für die russischsprachige Bevölkerung von Gesetz wegen völlig abgeschafft werden.

Wenn man also sagt, wir sollen den Konflikt auf der Grundlage der UNO-Charta lösen, darf man nicht vergessen, dass es bei der Charta nicht nur um territoriale Integrität geht. Die territoriale Integrität kann nur respektiert werden, wenn die Regierungen legitim sind und die Rechte ihrer eigenen Bevölkerung respektieren.

Tucker Carlson: Ich möchte auf das zurückkommen, was Sie vor einem Moment über den Einsatz oder Enthüllung des Hyperschall-Waffensystems gesagt haben, von dem Sie sagten, dass es ein Signal an den Westen war. Welches Signal genau? Ich denke, viele Amerikaner haben nicht einmal mitbekommen, dass das passiert ist. Welche Botschaft wollten Sie damit der Welt senden?

Sergej Lawrow: Nun, die Botschaft ist, dass die USA und ihre Verbündeten, die für der Regierung in Kiew ihre Langstreckenwaffen zur Verfügung stellen, verstehen müssen, dass wir bereit sind, alle Mittel einzusetzen, um eine sogenannte „strategische Niederlage Russlands“ zu verhindern.

Sie kämpfen darum, die Hegemonie über die Welt in jedem Land, jeder Region, jedem Kontinent zu bewahren. Wir kämpfen für unsere legitimen Sicherheitsinteressen. Sie sagen zum Beispiel, wir wollen die Grenzen von 1991. (Senator) Lindsey Graham, der vor einiger Zeit Wolodymyr Selenski besuchte, sagte unverblümt in seiner Gegenwart, dass die Ukraine sehr reich an Seltenen Erden ist und sie diesen Reichtum nicht den Russen überlassen können. Sie müssen es nehmen.

Also kämpfen sie für das Regime, das bereit ist, alle natürlichen und menschlichen Ressourcen zu verkaufen oder dem Westen zu überlassen. Wir kämpfen für die Menschen, die auf diesen Ländern gelebt haben, deren Vorfahren diese Länder tatsächlich entwickelten, Städte bauten und Jahrhunderte lang Fabriken bauten. Wir kümmern uns um Menschen, nicht um natürliche Ressourcen, die jemand in den Vereinigten Staaten haben möchte, und die Ukrainer, die auf diesen natürlichen Ressourcen sitzen, als Sklaven halten.

Die Botschaft, die wir senden wollten, indem wir dieses Hyperschallsystem in Aktion testen, ist, dass wir bereit sind, alles zu tun, um unsere legitimen Interessen zu verteidigen.

Wir hassen es, überhaupt an einen Atomkrieg mit den USA denken zu müssen. Unsere Militärdoktrin besagt, das Wichtigste ist, einen Atomkrieg zu vermeiden. Wir waren es übrigens, die im Januar 2022 die Botschaft initiiert haben, die gemeinsame Erklärung der Anführer der fünf ständigen Mitglieder des Sicherheitsrates, dass wir alles tun werden, um Konfrontationen untereinander zu vermeiden, die Sicherheitsinteressen und -bedenken des anderen anzuerkennen und zu respektieren. Das war unsere Initiative.

Aber die Sicherheitsinteressen Russlands wurden völlig ignoriert, als sie zur gleichen Zeit den Vorschlag eines Vertrags über Sicherheitsgarantien für Russland, für die Ukraine im Kontext der Koexistenz und in dem Kontext, in dem die Ukraine niemals Mitglied der NATO oder eines anderen Militärblocks sein würde, ablehnten.

Diese Sicherheitsinteressen Russlands wurden im Dezember 2021 dem Westen, der NATO und den Vereinigten Staaten vorgestellt. Wir haben sie mehrmals besprochen, unter anderem während meines Treffens mit (US-Außenminister) Antony Blinken in Genf im Januar 2022. Und das wurde abgelehnt.

Wir möchten also auf jeden Fall Missverständnisse vermeiden. Und da einige Leute in Washington London, und Brüssel, das nicht zu verstehen, werden wir zusätzliche Botschaften senden, wenn sie nicht die notwendigen Schlussfolgerungen ziehen.

Tucker Carlson: Die Tatsache, dass wir hier tatsächlich über einen möglichen gegenwseitige Atomwaffenbeschuss führen, ist etwas das ich nie für möglich gehalten hätte.

Und es wirft die Frage auf, wie viel verdeckten Dialog es zwischen Russland und den Vereinigten Staaten gibt und in den letzten zweieinhalb Jahren gab? Gibt es solche Gesprächskanäle?

Sergej Lawrow: Es gibt mehrere Kanäle, aber hauptsächlich über den Austausch von Inhaftierten in Russland und in den USA. Es gab mehrere Gefangenenaustausche.

Es gibt auch Kanäle, die nicht an die große Glocke gehängt werden, aber im Grunde senden die Amerikaner über diese Kanäle die gleiche Botschaft, die sie öffentlich senden: Ihr müsst aufgeben, ihr müssen unseren Weg akzeptieren, der auf den ukrainischen Bedürfnissen und Positionen basiert. Sie unterstützen diese absolut sinnlose „Friedensformel“ von Wolodymyr Selenski, die kürzlich durch seinen „Siegesplan“ ergänzt wurde.

Sie hielten mehrere Treffen ab, das Kopenhagener Format, Bürgenstock (Schweiz) und so weiter. Und sie prahlen damit, dass sie in der ersten Hälfte des nächsten Jahres eine weitere Konferenz einberufen werden und zu diesem Zeitpunkt freundlicherweise Russland einladen werden. Und dann würde Russland ein Ultimatum gestellt werden.

All dies wird tatsächlich auf verschiedene vertrauliche Kanäle wiederholt.

Jetzt hören wir etwas anderes, einschließlich der Aussagen von Vladimir Selenski, dass wir jetzt die Front einfrieren können. Die Ukraine wird in die NATO aufgenommen, aber NATO-Garantien würden zu diesem Zeitpunkt nur das von der Regierung kontrollierte Gebiet abdecken, der Rest würde Gegenstand von Verhandlungen sein. Aber das Endergebnis dieser Verhandlungen muss im Grunde der totale Rückzug Russlands von russischem Boden sein. Das russische Volk dem Nazi-Regime zu überlassen, das alle Rechte der russischsprachigen Bürger ihres eigenen Landes abgeschafft hat.

Tucker Carlson: Wenn ich nur auf die Frage des Atomschlababtauschs zurückkommen könnte. Es gibt also keinen Mechanismus, mit dem die Führer Russlands und der Vereinigten Staaten miteinander sprechen können, um die Art von Missverständnissen zu vermeiden, die Hunderte von Millionen Menschen töten könnten.

Sergej Lawrow: Nein, nein, wir haben solche Kanäle, die automatisch aktiviert werden, wenn ballistische Raketen abgeschossen werden. Zum Beispiel beim Abschuss unserer Oreshnik Hyperschall-Mittelstreckenrakete. 30 Minuten im Voraus schickte das System die Nachricht an die Vereinigten Staaten. Sie wussten alos, was los war, damit keine gefährlichen Missverständnisse auftreten.

Tucker Carlson: Das klingt sehr gefährlich.

Sergej Lawrow: Es war ein Test.

Tucker Carlson: Ein Test, okay. Aber ich frage mich nur, wie besorgt Sie darüber sind, wenn man bedenkt, dass es nicht viele Gespräche zwischen den beiden Ländern zu geben scheint. Beide Seiten sprechen davon, die Bevölkerung des anderen auszulöschen. Dass dies irgendwie in sehr kurzer Zeit außer Kontrolle geraten könnte und niemand es aufhalten könnte. Es scheint unglaublich verantwortungslos.

Sergej Lawrow: Nein, wir sprechen nicht davon, irgendeine Bevölkerung auszulöschen. Wir haben diesen Krieg nicht begonnen. Wir haben seit Jahren gewarnt, dass die Ausdehnung der NATO immer näher an unsere Grenzen ein Problem sein wird.

Im Jahr 2007 begann Putin, dies denjenigen zu erklären, die das „Ende der Geschichte“ ausgerufen hatten und die Vorherrschaft für sich reklamierten.

Als der Putsch (in der Ukraine 2014) stattfand, haben die Amerikaner gar keinen Hehl daraus gemacht, dass sie dahinter steckten. Es gab ein Gespräch zwischen Victoria Nuland und dem damaligen amerikanischen Botschafter in Kiew, die besprachen, wer nach dem Putsch die neue Regierung übernehmen soll. Sie nannte die Zahl von 5 Milliarden Dollar, die die USA investiert haben um dafür zu sorgen, dass alles so läuft, wie die Amerikaner es wollen.

Wir haben nicht vor, die Ukrainer auszulöschen. Sie sind Brüder und Schwestern des russischen Volkes.

Tucker Carlson: Wie viele sind Ihrer Meinung nach bisher auf beiden Seiten gestorben?

Sergej Lawrow: Das wird von den Ukrainern nicht veröffentlicht. Wolodymyr Selenski sagte, dass es weniger als 80.000 Menschen auf ukrainischer Seite sind.

Aber es gibt eine sehr zuverlässige Zahl aus Palästina. Die Israelis haben als Reaktion auf den Terroranschlag (vom 7. Oktober 2023), den wir verurteilten, ihre Operation begonnen, die jedoch den Charakter einer kollektiven Bestrafung angenommen hat, was auch gegen das humanitäre Völkerrecht verstößt. Ein Jahr nach Beginn dieser Operation wird die Zahl der getöteten palästinensischen Zivilisten auf 45.000 geschätzt. Das ist fast doppelt so viel wie die Zahl der Zivilisten auf beiden Seiten des ukrainischen Konflikts, in den zehn Jahren nach dem Putsch. Ein Jahr und zehn Jahre. Es ist also eine Tragödie in der Ukraine. Es ist eine Katastrophe in Palästina, aber wir hatten niemals das Ziel, Menschen zu töten.

(NB: Lawrow verwendet hier die Zahlen der Hamas. Israel schätzt, dass unter den Todesopfern in Gaza mindestens 20.000 Hamas-Terroristen sind. Anmerkung des Übersetzers)

Das ukrainische Regime dagegen schon. Der Büroleiter von Wolodymyr Selenski sagte einmal, dass sie dafür sorgen werden, dass Städte wie Charkow und Nikolajew vergessen werden, was Russisch bedeutet. Ein anderer Selenski-Mitarbeiter erklärte, dass man die Russen per Gesetz oder, wenn nötig, physisch ausrotten müssen. Der ehemalige ukrainische Botschafter in Kasachstan, Pjotr Wrublewski, wurde berühmt, als er ein Interview gab und in die Kamera schaute und sagte: „Unsere Hauptaufgabe ist es, so viele Russen wie möglich zu töten, damit unsere Kinder weniger zu tun haben“. Aussagen wie diese verwendet das Regime immer wieder.

Tucker Carlson: Wie viele Russen wurden seit Februar 2022 in Russland getötet?

Sergej Lawrow: Es ist nicht meine Aufgabe, diese Informationen preiszugeben. Während Militäroperationen gelten spezielle Regeln. Unser Verteidigungsministerium hält sich an diese Regeln.

Aber es gibt eine sehr interessante Tatsache: als Wolodymyr Selenski nicht auf der internationalen Bühne spielte, sondern in seinem Comedy-Club oder wie auch immer es heißt, (es gibt Videos aus dieser Zeit) hat er tapfer die russische Sprache verteidigt. Er sagte: „Was ist falsch an der russischen Sprache? Ich spreche Russisch. Russen sind unsere Nachbarn. Russisch ist eine unserer Sprachen“. Diejenigen, die die russische Sprache und die russische Kultur verbieten wollten, sagte er, sie sollen sich verziehen. Aber als Selenski Präsident wurde, hat er sich sehr verändert.

Vor der Militäroperation wurde er im September 2021 interviewt – zu dieser Zeit führte er Krieg gegen den Donbass, ein Verstoß gegen die Minsker Abkommen. Der Reporter fragte ihn, was er von den Menschen auf der anderen Seite der Frontlinie halte. Er antwortete sehr nachdenklich, dass es verschiedene Menschen und Spezies gibt. Und wenn man in der Ukraine lebt, aber sich mit der russischen Kultur verbunden fühlt, hat er solchen Menschen geraten, nach Russland zu gehen. Um Ihrer Kinder und Enkelkinder willen.

Warum sollte dieser Typ Russen und Menschen, die sich der russischen Kultur angehörig fühlen, unter seine Kontrolle bringen wollen? Das macht keinen Sinn.

Tucker Carlson: Was wären für Russland die Bedingungen, um die Feindseligkeiten zu beenden? Was verlangen Sie?

Sergej Lawrow: Vor zehn Jahren, im Februar 2014, forderten wir nur die Umsetzung des Abkommens zwischen dem Präsidenten und der Opposition, eine Regierung der nationalen Einheit zu haben, und vorgezogene Wahlen abzuhalten. Der Deal wurde unterzeichnet. Wir baten nur um die Umsetzung dieses Deals. Sie waren absolut ungeduldig und aggressiv.

Sie wurden natürlich von den Amerikanern dazu gedrängt, daran habe ich keinen Zweifel. Wenn Victoria Nuland und der US-Botschafter schon die Zusammensetzung der neuen Regierung besprochen haben, warum fünf Monate warten, um vorgezogene Wahlen abzuhalten?

Das nächste Mal, dass wir für etwas waren, war, als die Minsker Abkommen unterzeichnet wurden. Ich war dort. Die Verhandlungen dauerten 17 Stunden. Die Krim war zu diesem Zeitpunkt nach dem Referendum schon außen vor. Niemand im Westen, der mit uns sprach, einschließlich meines Kollegen John Kerry, machte sich Sorgen wegen der Krim. Alle konzentrierten sich auf den Donbass. Die Minsker Abkommen sahen die Wahrung der territorialen Integrität der Ukraine vor, ohne die Krim (die wurde nicht einmal erwähnt) und einen Sonderstatus für einen winzigen Teil des Donbass, nicht für den gesamten Donbass, nicht für Novorossija. Ein Teil des Donbass sollte im Rahmen dieser vom Sicherheitsrat gebilligten Minsker Abkommen das Recht haben, Russisch zu sprechen, Russisch zu unterrichten, Russisch zu studieren, eigene lokale Strafverfolgungsbehörden (wie in den US-Bundesstaaten) zu haben, konsultiert zu werden, wenn Richter und Staatsanwälte von der zentralen Behörde ernannt werden, und einige erleichterte wirtschaftliche Verbindungen zu benachbarten Regionen Russlands zu haben. Das war‘s. Ähnlich, wie Präsident Macron Korsika versprochen hat, obwohl er immer noch damit hadert.

Dieses Abkommen wurde jedoch jahrelang von Piotr Poroschenko und dann von Wolodymyr Selenski sabotiert. Beide wurden übrigens mit einem Friedensversprechen zum Präsidenten gewählt . Und beide haben gelogen. Als die Minsker Abkommen also in dem Maße sabotiert wurden, dass wir die Versuche sahen, diesen winzigen Teil des Donbass mit Gewalt zu übernehmen, und wir, wie Präsident Putin damals erklärte, schlugen wir der NATO und den Vereinigten Staaten diese Sicherheitsvereinbarungen vor, die aber abgelehnt wurden. Und als die Ukraine und ihre Hintermänner diesen Plan B ins Leben riefen, um diesen Teil des Donbass mit Gewalt zu übernehmen, starteten wir die militärische Sonderoperation.

Hätten sie die Minsker Abkommen umgesetzt, wäre die Ukraine ein Land, ohne die Krim. Aber selbst dann, als die Ukrainer nach dem Beginn der Operation Verhandlungen vorschlugen, stimmten wir zu. Es gab mehrere Verhandlungsrunden in Weißrussland, und dann in Istanbul. Dort legte die ukrainische Delegation ein Papier auf den Tisch, in dem stand: „Das sind die Prinzipien, auf die wir uns bereit sind zu einigen.“ Und wir haben diese Prinzipien akzeptiert.

Tucker Carlson: Die Minsker Prinzipien?

Sergej Lawrow: Nein. Die Istanbuler Prinzipien. Das war im April 2022.

Tucker Carlson: Richtig.

Sergej Lawrow: Der Vorschlag war: keine NATO, sondern Sicherheitsgarantien für die Ukraine gemeinsam mit Russland. Und diese Sicherheitsgarantien würden die Krim oder den Osten der Ukraine nicht abdecken. Es war ihr Vorschlag. Das wurde paraphiert. Der Leiter der ukrainischen Delegation in Istanbul, der jetzt Vorsitzender der Selenski-Fraktion im Parlament ist, bestätigte kürzlich in einem Interview, dass dies so war. Auf Grundlage dieser Prinzipien waren wir bereit, einen Friedensvertrag zu entwerfen.

Aber dann sagte dieser Herr, der die ukrainische Delegation in Istanbul leitete, dass Boris Johnson ihn besucht habe und ihnen gesagt habe, sie sollten weiter kämpfen. Dann gab es…

Tucker Carlson:  Boris Johnson, im Namen von…

Sergej Lawrow: Er sagte nein. Aber der Typ, der das Papier paraphiert hat, sagte, es sei Boris Johnson. Andere Leute sagen, dass Präsident Putin den Deal mit dem Massaker in Butscha torpediert hat. Aber sie erwähnen das Massaker in Butscha nicht mehr, sondern wir.

In gewisser Weise sind sie in der Defensive. Mehrmals  habe ich im UNO-Sicherheitsrat, als ich mit Antonio Guterres am Tisch saß, (letztes Jahr und dieses Jahr) bei der Generalversammlung das Thema Butscha angesprochen und gesagt: Es ist seltsam, dass ihr über Butscha schweigt, weil ihr damals sehr laut wart, als dieses BBC-Team auf der Straße war, auf der sich diese Leichen befanden. Ich habe gefragt, ob wir die Namen der Personen bekommen können, deren Leichen von der BBC gefilmt wurden? Totale Stille. Ich habe Antonio Guterres persönlich in Anwesenheit der Mitglieder des Sicherheitsrates angesprochen. Er antwortete nicht. Dann fragte ich bei meiner Pressekonferenz in New York nach dem Ende der Generalversammlung im letzten September alle Korrespondenten: Leute, ihr seid Journalisten. Vielleicht seid ihr keine Investigativjournalisten, aber Journalisten sind normalerweise daran interessiert, die Wahrheit zu erfahren. Und die Butscha-Sache, die überall in den Medien gespielt wurde, um Russland an den Pranger zu stellen, ist plötzlich für niemanden mehr von Interesse – weder Politiker, UN-Beamte oder Journalisten. Als ich im September mit ihnen sprach, sagte ich, bitte versuchen Sie als Fachleute, die Namen derjenigen zu bekommen, deren Leichen in Butscha gezeigt wurden. Keine Antwort.

Genauso wie wir keine Antwort auf die Frage haben, wo sind die Ergebnisse der medizinischen Analyse von Alexei Nawalny, der im Herbst 2020 in Deutschland behandelt wurde und kürzlich gestorben ist. Als er in einem Flugzeug über Russland krank wurde, musste das Flugzeug notlanden. Nawalny wurde von russischen Ärzten in Sibirien behandelt. Dann wollten die Deutschen ihn haben. Wir ließen das Flugzeug sofort starten und sie nahmen ihn mit. In weniger als 24 Stunden war er in Deutschland. Und dann behaupteten die Deutschen, dass wir ihn vergiftet haben. Angeblich bestätigte die Laboranalyse, dass er vergiftet wurde. Wir haben um diese Testergebnisse gebeten. Sie sagten, nein, wir geben es der OPCW (Organisation für die Überwachung chemischer Waffen).

Wir gingen zu dieser Organisation, wir sind Mitglieder, und wir sagten, können Sie uns die Ergebnisse zeigen, schließlich ist Nawalny unser Bürger, und wir werden beschuldigt, ihn vergiftet zu haben. Das OPCW sagte, sie hätten Anweisungen von den Deutschen uns die Ergebnisse nicht zu geben. Im zivilen Krankenhaus (der Berliner Charité) hatten sie nichts gefunden. Die Ankündigung, dass Nawalny vergiftet wurde, erfolgte nach einer Untersuchung durch das Militärkrankenhaus der Bundeswehr (Anm.: Das Institut für Pharmakologie und Toxikologie der Bundeswehr in München) hat. Es scheint also, dass dieses Geheimnis nicht…

Tucker Carlson: Wie ist Nawalny denn gestorben?

Sergej Lawrow: Nun, er starb in Haft in Russland. Laut Berichten fühlte er sich immer noch unwohl. Das war ein weiterer Grund, warum wir die Deutschen immer wieder nach den Testergebnissen fragten. Weil wir nicht dasselbe gefunden haben. Ich weiß nicht, was sie ihm angetan haben.

Tucker Carlson: Was ihm die Deutschen angetan haben ?

Sergej Lawrow: Ja, weil sie es niemandem erklären, auch nicht uns. Vielleicht erklären sie es den Amerikanern. Vielleicht ist das glaubwürdig.

Aber sie haben uns nie gesagt, wie sie ihn behandelt haben, was sie gefunden haben und welche Methoden sie verwendet haben.

Tucker Carlson: Was glauben Sie, wie er gestorben ist?

Sergej Lawrow: Ich bin kein Arzt. Aber um zu spekulieren, muss man Information haben, auch als Arzt. Und wenn die Person nach einer Vergiftung zur Behandlung nach Deutschland gebracht wurde, können die Ergebnisse der Tests nicht geheim sein.

Wir bekommen immer noch nichts Glaubwürdiges über das Schicksal von Sergei Skripal und seiner Tochter . Die Informationen werden uns nicht zur Verfügung gestellt. Er ist unser Staatsbürger, sie ist unsere Staatsbürgerin.  Nach den Konventionen, an denen das Vereinigte Königreich Partei ist, haben wie ein Recht, Information zu erhalten.

Tucker Carlson: Warum hat der ehemalige Premierminister des Vereinigten Königreichs Boris Johnson, den Friedensprozess in Istanbul Ihrer Meinung nach gestoppt? In wessen Namen hat er das getan?

Sergej Lawrow: Nun, ich habe ihn ein paar Mal getroffen, und es würde mich nicht wundern, wenn er von einem unmittelbaren Wunsch oder einer langfristigen Strategie motiviert wäre. Er ist nicht sehr vorhersehbar.

Tucker Carlson: Aber glauben Sie, dass er im Namen der US-Regierung, im Namen der Biden-Regierung gehandelt hat, oder hat er dies unabhängig getan?

Sergej Lawrow: Ich weiß es nicht. Und ich will auch nicht spekulieren. Es ist offensichtlich, dass die Amerikaner und die Briten in dieser Situation federführend sind.

Jetzt wird auch klar, dass es in einigen Hauptstädten eine Kriegsmüdigkeit gibt, und es wir immer wieder angedeutet dass die Amerikaner das alles den Europäern überlassen und sich auf Wichtigeres konzentrieren möchten. Ich will nicht spekulieren.

Es ist jedoch offensichtlich, dass die Biden-Regierung der Trump-Regierung ein denkbar ungünstiges Vermächtnis hinterlassen möchte, ähnlich wie das, was Barack Obama  am Ende seiner ersten Amtszeit seinem Amtsnachfolger Donald Trump angetan hat. Ende Dezember 2016 hat Präsident Obama russische Diplomaten ausgewiesen: 120 Personen mit all ihren Familienmitgliedern. Sie haben Sie absichtlich an einem Tag ausgewiesen, an dem es keinen Direktflug von Washington nach Moskau gab. Also mussten sie mit Bussenach New York fahren,  mit all ihrem Gepäck, mit Kindern und so weiter und so weiter.

Gleichzeitig kündigte Obama die Konfiszierung von diplomatischem Eigentum Russlands an. Und wir haben dieses russische Eigentum nie wieder gesehen. Sie sagen nur, dass sie diese Gegenstände nicht unter diplomatische Immunität fielen, eine einseitige Entscheidung, die nie von einem internationalen Gericht bestätigt wurde .

Tucker Carlson: Sie glauben also, dass die Biden-Regierung der kommenden Trump-Regierung wieder etwas Ähnliches  antut.

Sergej Lawrow: Diese Episode hat den Start unserer Beziehungen zur Trump-Regierung sicherlich behindert. Ich vermute, dass sie jetzt das Gleiche tun.

Tucker Carlson: Aber  Präsident Trump wurde dieses Mal mit dem ausdrücklichen Wahlversprechen gewählt, den Krieg in der Ukraine zu beenden. Er hat das immer wieder gesagt. Wenn es Hoffnung auf ein Endes des Krieges gibt, welchen Bedingungen würden Sie zustimmen?

Sergej Lawrow: Das habe ich bereits angedeutet. Als Präsident Putin am 14. Juni im Außenministerium sprach, wiederholte er , dass wir bereit seien, auf der Grundlage der Prinzipien zu verhandeln, die in Istanbul vereinbart und laut dem ukrainischen Delegationsleiters von Boris Johnson abgelehnt wurden.

Das Wichtigste ist der Blockfreie Status der Ukraine. Wir wären bereit, als Teil einer Gruppe von Ländern der Ukraine kollektive Sicherheitsgarantien zu bieten.

Tucker Carlson: Also keine NATO?

Sergej Lawrow: Keine NATO. Absolut. Keine NATO-Stützpunkte, keine Militärübungen ausländischer Truppen  auf ukrainischem Boden. Das hat er mehrfach betont. Das war natürlich April 2022, jetzt ist einige Zeit vergangen, die Realitäten am Boden müssten berücksichtigt und akzeptiert werden. Nicht nur was den frontverlauf angeht, sondern auch die Änderungen der russischen Verfassung nach den Referenden in Donetsk, Lugansk, Kherson und Saporischschja. Die sind jetzt laut Verfassung Teil der Russischen Föderation. Das ist Fakt.

Und natürlich können wir einen Deal nicht tolerieren, der wie bisher die die russische Sprache, russische Medien, die russische Kultur und die Ukrainisch-orthodoxe Kirche verbietet. Das ist ein Verstoß gegen die UNO-Charta,  den wir nicht hinnehmen können. Und da der Westen seit dem Beginn dieser russophoben Gesetzgebungs­offensive 2017 nichts gesagt hat und bis jetzt schweigt, müssten wir dem natürlich auf ganz besondere Weise Aufmerksamkeit schenken.

Tucker Carlson: Wäre die Aufhebung der Sanktionen gegen Russland eine Bedingung?

Sergej Lawrow: Viele Menschen in Russland möchten das wahrscheinlich zu einer Bedingung machen. Aber je mehr wir unter diesen Sanktionen leben, desto mehr verstehen wir, dass es besser ist, sich auf sich selbst zu verlassen und Mechanismen und Plattformen für die Zusammenarbeit mit „normalen“ Ländern zu entwickeln, die uns gegenüber nicht unfreundlich eingestellt sind und wirtschaftliche Interessen nicht mit Politik vermischen. Wir haben viel aus den Sanktionen gelernt.

Die Sanktionen begannen unter Präsident Obama, und setzten sich in der ersten Amtszeit von Donald Trump sehr stark fort. Aber die Sanktionen unter der Biden-Regierung sind absolut beispiellos.

Aber was dich nicht umbringt, macht dich stärker. Sie werden uns nicht umbringen, also machen sie uns stärker.

Tucker Carlson: Und es treibt Russland Ostasien in die Arme. Deshalb sagen sich alle vernünftigen Politiker in Washington seit 20 Jahren, Warum sollten wir Russland nicht in einen westlichen Block einbringen, als Gleichgewicht gegen das erstarkende Ostasien. Aber es scheint nicht so zu sein. Glauben Sie, dass das noch möglich ist?

Sergej Lawrow: Ich glaube nicht. Als Präsident Putin kürzlich beiim Waldai-Club mit Politikwissenschaftlern und Experten sprach, sagte er, dass wir nie wieder in die Situation von Anfang 2022 zurückkehren würden. Er hat erkannt, dass alle Versuche, mit dem Westen gleichberechtigt zu sein, gescheitert sind.

Es begann nach dem Untergang der Sowjetunion. Es gab damals die Euphorie, wir seien jetzt Teil der „freien, demokratischen  Welt“, das „Ende der Geschichte“ war gekommen. Aber sehr bald wurde den meisten Russen klar, dass wir in den 1990er Jahren bestenfalls als Juniorpartner, vielleicht nicht einmal als Partner  behandelt wurden,  sondern als ein Ort, an dem der Westen machen  kann, was er will, Geschäfte mit Oligarchen machen, Ressourcen und Vermögenswerte aufkaufen kann. Dann haben die Amerikaner scheinbar entschieden, dass Russland ihnen gehört. Boris Jelzin und Bill Clinton waren Kumpels und lachten gemeinsam über ihre Witze.

Am Ende von Boris Jelzins Amtszeit begann er jedoch selbst zu überlegen, dass dies für Russland nicht richtig war. Das wurde offensichtlich, als er Wladimir Putin zum Premierminister ernannte, vorzeitig zurücktrat und Putin seinen Segen für die Wahlen gab, die Putin auch gewann.

Als Wladimir Putin Präsident wurde, war er sehr offen für die Zusammenarbeit mit dem Westen. Und er erwähnt dies ziemlich regelmäßig, wenn er Interviews gibt oder bei einigen internationalen Veranstaltungen spricht.

Ich war dabei, als er sich mit George Bush Jr. und Barack Obama traf. Nach dem NATO-Treffen in Bukarest 2008, auf das ein NATO-Russland-Gipfeltreffen folgte, als sie ankündigten, dass Georgien und die Ukraine Teil der NATO werden sollen. Und dann versuchten sie, es an uns zu verkaufen. Wir fragten: Warum? Es gab Mittagessen und Präsident Putin fragte, was der Grund dafür sei?

Tucker Carlson: Gute Frage.

Sergej Lawrow: Und sie sagten, dass das nicht unbedingt sein muss. Wie kommt das?

Um den NATO-Beitrittsprozess zu beginnen, braucht man eine förmliche Einladung. Das wird dann so eine fixe Idee:  die Ukraine und Georgien sollen Teil der NATO werden. Aber diese Idee wurde für einige Menschen in Tiflis zur Obsession, als Micheil Saakaschwili seinen Verstand verlor und einen Krieg gegen sein eigenes Volk vom Zaun brach, unter dem Schutz der OSZE-Mission mit russischen Friedenstruppen vor Ort. Sogar die Untersuchung der EU hat bestätigt, dass er diesen Krieg vom Zaun gebrochen hat. Sie haben eine Untersuchung einberufen, die zu dem Schluss kam, dass Saakaschwili den Befehl gegeben hat.

Bei den Ukrainern dauerte es etwas länger. Sie haben diese pro-westliche Stimmung geschürt. Es ist ja nichts schlimmes, Pro-Westen zu sein, genauso wenig wie Pro-Osten. Das Schlimme ist, wenn man den anderen sagt, entweder du bist für mich oder gegen mich.

Was geschah vor dem Putsch in der Ukraine? Im Jahr 2013 verhandelte der ukrainische Präsident Viktor Janukowitsch ein Assoziierungsabkommen  mit der EU, das die Zölle auf die meisten ukrainischen Waren in und aus der EU aufheben würde.

Als er sich mit russischen Amtskollegen traf, sagten wir ihm, dass die Ukraine Teil der Freihandelszone der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten (GUS) sei, das alle Zölle innerhalb der GUS aufhob. Und wir, Russland, haben etwa 17 Jahre lang ein Abkommen mit der Welthandelsorganisation (WTO) ausgehandelt und mit der EU  einen gewissen Schutz für viele unserer Sektoren, die Landwirtschaft und einige andere, vereinbart haben.

Wir haben den Ukrainern erklärt, dass wir unsere Zollgrenze mit der Ukraine schützen müssten, wenn Sie mit der EU ein Freihandelsabkommen schließen. Sonst würden die europäischen Waren unseren Markt überfluten und unsere Wirtschaft schädigen.

Die Ukraine ist unser beiden Nachbar. Die EU will besseren Handel mit der Ukraine und wir auch. Die Ukraine will Zugange zu den Märkten in Europa und Russland haben. Wir haben der EU vorgeschlagen, uns zu dritt hinzusetzen und das wie Erwachsene zu besprechen.

Der Leiter der Europäischen Kommission war der Portugiese (José Manuel) Barroso. Er sagte, dass es uns nichts angeht, was die EU mit der Ukraine macht. Die EU bittet Russland ja auch nicht, ihren Handel mit China mit der EU zu besprechen. Es war eine unglaublich arrogante Antwort.

Dann konsultierte der ukrainische Präsident Wiktor Janukowitsch seine Experten. Und sie sagten, ja, es wäre nicht sehr gut, wenn sie die Grenze zur Europäischen Union öffnen, aber dafür die Zollgrenze zu Russland geschlossen würde und die Einfuhrwaren kontrolliert, damit der russische Markt keinen Schaden nimmt.

Also kündigte er im November 2013 an, dass er den Deal mit der EU nicht sofort unterzeichnen könne, und bat die EU, aufs nächstes Jahr zu warten. Das war der Auslöser für den Maidan, der sofort begonnen wurde und mit dem Putsch endete.

Tatsächlich fand der erste Putsch 2004 statt, als nach dem zweiten Wahlgang derselbe Viktor Janukowitsch die Präsidentschaft gewann. Der Westen hat eine Riesentheater gemacht und Druck auf das Verfassungsgericht der Ukraine ausgeübt, damit es eine dritte Wahlrunde gibt. Laut Ukrainischer Verfassung gibt es jedoch nur zwei Wahlrunden. Unter dem Druck des Westens verletzte das Verfassungsgericht damals zum ersten Mal die Verfassung und ein prowestlicher Kandidat wurde gewählt. Als all dies vor sich ging und hochkochte, sagten die europäischen Staats- und Regierungschefs öffentlich, dass die Ukrainer sich entscheiden müssen: EU oder Russland?

Tucker Carlson: So verhalten sich große Länder aber nun mal. Es gibt bestimmte Allianzen, jetzt heißt es BRICS gegen NATO, USA gegen China. Und es klingt, als würden Sie sagen, dass die russisch-chinesische Allianz dauerhaft ist.

Sergej Lawrow: Wir sind nun mal Nachbarn. Geographie ist natürlich ausschlaggebend.

Tucker Carlson: Aber Sie sind auch Nachbarn mit Westeuropa. Sie sind ein Teil von Europa.

Sergej Lawrow: Durch die Ukraine. Und Westeuropa will an unsere Grenzen vordringen.

Und es gab Pläne, die beinahe offen diskutiert wurden, britische Marinestützpunkte im Asowschen Meer zu stationieren. Sie hatten schon ein Auge auf die Krim, um eine NATO-Basis auf der Krim zu schaffen, und so weiter.

Wir hatten zum Beispiel sehr guite Beziehungen zu Finnland. Über Nacht kehrten die Finnen zu den frühen Jahren der Vorbereitung für den Zweiten Weltkrieg zurück, als sie die besten Verbündeten Adolf Hitlers waren. Und all ihre Neutralität, all diese Freundschaft, zusammen in die Sauna gehen, zusammen Hockey spielen, all das verschwand über Nacht.

Vielleicht war dies also tief in ihren Herzen, und die Neutralität und Freundlichkeit war ihnen nur eine Last. Ich weiß es nicht.

Tucker Carlson: Das kann sein. Können Sie mit Selenski verhandeln? Sie haben darauf hingewiesen, dass er seine Amtszeit überschritten hat. Er ist kein demokratisch gewählter Präsident mehr. Halten Sie ihn für einen geeigneten Verhandlungspartner?

Sergej Lawrow: Präsident Putin hat dieses Thema auch schon oft angesprochen. Im September 2022, während des ersten Jahres der militärischen Spezialoperation, unterzeichnete Wolodymyr Selenski in seiner Überzeugung, dass er die Bedingungen der Situation diktieren würde, auch dem Westen, ein Dekret, das jegliche Verhandlungen mit Putins Regierung verbot.

Danach wurde Präsident Wladimir Putin immer wieder gefragt, warum Russland nicht zu Verhandlungen bereit sei.

Putin sagte, stellt es nicht auf den Kopf. Wir sind verhandlungsbereit, vorausgesetzt, es basiert auf Gleichwertigkeit.

Aber Wolodymyr Selenski unterzeichnete dieses Dekret, das Verhandlungen verbietet. Warum nimmt er das nicht öffentlich zurück?

Dies wäre ein Zeichen, dass er verhandlungsbereit ist. Stattdessen erfand Wolodymyr Selenski seine „Friedensformel“, dann seinen „Siegesplan“. Wenn sie sich mit EU-Vertretern   und in anderen Formaten treffen sagen sie: Es gibt keinen Deal, außer zu unseren Bedingungen.

Sie planen jetzt eine zweiten Gipfel auf der Grundlage dieser „Friedensformel“, und sie wollen Russland einladen, um das Abkommen zu präsentieren, das wir mit dem Westen vereinbart haben.

Wenn unsere westlichen Kollegen sagen, ohne Ukraine wird nichts über die  Ukraine  , heißt das im Umkehrschluss, dass Entscheidungen über Russland ohne Russland gefällt werden. Sie diskutieren, welche Bedingungen wir akzeptieren müssen.

Übrigens haben sie kürzlich bereits stillschweigend das Konzept „nichts über die Ukraine ohne Ukraine entscheiden“ verletzt. Es gibt Nachrichten. Sie kennen unsere Position. Wir spielen kein Doppelspiel.

Was Präsident Putin angekündigt hat, ist das Ziel unserer Operation. Das ist fair. Es entspricht voll und ganz der Charta der Vereinten Nationen. Zunächst einmal die Rechte: Sprachrechte, Minderheitenrechte, nationale Minderheitenrechte, religiöse Rechte, und das steht voll und ganz im Einklang mit den OSZE-Prinzipien.

Es gibt die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa, die noch existiert. Mehrere Gipfeltreffen dieser Organisation haben klar gesagt, dass die Sicherheit unteilbar sein muss, dass niemand seine Sicherheit auf Kosten der Sicherheit anderer erweitern sollte und dass vor allem keine Organisation im euro-atlantischen Raum die Dominanz beanspruchen darf. Dies wurde 2010 zum letzten Mal  von der OSZE bestätigt.

Die NATO hat aber genau das Gegenteil getan.  Unserer Position ist also legitim. Keine NATO vor unserer Haustür, weil die OSZE zugestimmt hat, dass dies nicht der Fall sein sollte, wenn es uns schadet. Und bitte  die Rechte der Russen wieder herstellen.

Tucker Carlson: Wer trifft Ihrer Meinung nach in den USA die außenpolitischen Entscheidungen?

Sergej Lawrow: Ich möchte nicht raten. Ich habe Antony Blinken seit Jahren nicht mehr gesehen. Wann war das letzte Mal? Vor zwei Jahren, glaube ich, auf dem G20-Gipfel. War es in Rom? Am Rande.

Ich habe dort Präsident Putin vertreten. Sein Assistent kam während eines Meetings auf mich zu und sagte, dass Antony 10 Minuten mit mir sprechen möchte. Ich ging zu ihm hinaus. Wir haben uns  die Hand gegeben, und er sagte etwas über die Notwendigkeit einer Deeskalation. Ich hoffe, er wird mir nicht böse sein, dass ich das offenlege. Wir trafen uns vor vielen Anwesenden, und ich sagte: „Wir wollen nicht eskalieren. Sie wollen Russland eine strategische Niederlage zufügen.“

Er sagte: „Nein. Es ist keine weltweite strategische Niederlage. Nur in der Ukraine.“

Tucker Carlson: Sie haben seitdem nicht mehr mit ihm gesprochen?

Sergej Lawrow: Nein.

Tucker Carlson: Haben Sie seitdem mit irgendwelchen Beamten der Biden-Regierung gesprochen?

Sergej Lawrow: Ich will ihre Karriere nicht zerstören.

Tucker Carlson: Aber haben Sie sinnvolle Gespräche geführt?

Sergej Lawrow: Nein.

Wenn ich bei internationalen Veranstaltungen den einen oder anderen Amerikaner, getroffen habe, sagen einige von ihnen Hallo, einige von ihnen tauschen ein paar Worte aus, aber ich dränge mich nicht auf.

Es ist wie eine ansteckende Krankheit, wenn jemand sieht, wie ein Amerikaner oder ein Europäer mit mir spricht. Die Europäer laufen weg, wenn sie mich sehen. Während des letzten G20-Treffens war es lächerlich. Erwachsene Menschen, reife Menschen. Sie verhalten sich wie Kinder. So kindisch. Unglaublich.

Tucker Carlson: Sie sagten, dass die Obama-Regierung im Dezember 2016 der Nachfolgeregierung unter Donald Trump lauter Sprengfallen hinterlassen hat.

Seit der jetzigen Wahl sind  Sie in den Anrainerstaaten dieser Region lauter Krisen ausgebrochen. In Georgien, in Weißrussland, in Rumänien und natürlich am dramatischsten in Syrien.

Glauben Sie, das die aktuelle Regierung der Vereinigten Staaten versucht, eine Friedenslösung zu verhindert?

Sergej Lawrow: Das ist leider nichts Neues. Historisch gesehen haben die USA in der Außenpolitik immer Probleme gemacht und dann versucht daraus Kapital zu schlagen.

Die Invasion des den Irak, das Abenteuer in Libyen, das diesen Staat im Prinzip zerstört hat, der übereilte Abzug aus Afghanistan, und jetzt versuchen sie, durch die Hintertür zurückzukommen. Sie nutzen die UNO, um eine Veranstaltung zu organisieren, bei der die USA anwesend sein können, obwohl sie Afghanistan in sehr schlechter Verfassung hinterlassen haben.

Wenn man die amerikanischen außenpolitischen Abenteuer analysiert, ist das das Muster: Sie machen Ärger und versuchen dann es ausznutzen.

Wenn die OSZE Wahlen überwacht, wenn sie früher Wahlen in Russland überwacht hat, waren sie immer sehr negativ, auch in anderen Ländern, Weißrussland, Kasachstan. Diesmal legte die Überwachungsmission der OSZE in Georgia einen positiven Bericht vor. Aber der wird ignoriert.

Wenn Ihnen die Ergebnisse einer Wahl gefallen, wollen sie negative Berichte. Wenn Ihnen die Wahlergebnisse nicht gefallen, ignorieren Sie sie.

Als die USA und andere westliche Länder die einseitige Unabhängigkeitserklärung des Kosovo anerkannt haben und sagten,  dies entspreche ihr Recht auf Selbstbestimmung. Es gab kein Referendum im Kosovo – nur eine einseitige Unabhängigkeitserklärung. Übrigens wandten sich die Serben danach an den Internationalen Gerichtshof, der entschied , dass, wenn ein Teil eines Territoriums die Unabhängigkeit erklärt, dies nicht unbedingt von der Zentralregierung abgesegnet sein muss.

Als die Bewohner der Krim ein paar Jahre später auf Einladung vieler internationaler Beobachter , nicht von internationalen Organisationen, sondern von Parlamentariern in Europa, in Asien und im postsowjetischen Raum, ein Referendum abhielten, sagten sie: Wir können das nicht akzeptieren, weil das eine Verletzung der territorialen Integrität ist.

Sie suchen sich das nach Gutdünken aus. Aber die UN-Charta ist kein Menü. Man muss es in seiner Gesamtheit respektieren.

Tucker Carlson: Wer bezahlt die Rebellen, die Teile von Aleppo eingenommen haben? Ist die Assad-Regierung vom Sturz bedroht? Was genau passiert Ihrer Meinung nach in Syrien?

(Das  Interview wurde wenige Tage vor dem Sturz der Assad-Regierung geführt.)

Sergej Lawrow: Wir hatten einen Deal, als diese Krise begann. Wir haben den Astana-Prozess zwischen Russland, Türkei und Iran organisiert. Wir treffen uns regelmäßig. Ein weiteres Treffen ist vor Ende des Jahres oder Anfang nächsten Jahres geplant, um die Situation vor Ort zu besprechen.

Die Spielregeln sind, den Syrern zu helfen, miteinander klar zu kommen, und zu verhindern, dass separatistische Bedrohungen stärker werden. Das ist, was die Amerikaner im Osten Syriens tun, wenn sie die kurdischen Separatisten unterstützen, indem sie die Gewinne aus Öl und Getreide benutzen, die sie besetzt halten.

Dieses Astana-Format ist eine nützliche Kombination von Spielern. Wir sind sehr besorgt. Nachdem das mit Aleppo und Umgebung geschah, hatte ich ein Gespräch mit dem türkischen Außenminister und einem iranischen Kollegen. Wir haben vereinbart, uns diese Woche zu treffen. Hoffentlich in Doha, am Rande dieser internationalen Konferenz.

Wir möchten die Notwendigkeit diskutieren, zu einer strengen Umsetzung der Abkommen im Gebiet von Idlib zurückzukehren, da die Deeskalationszone von Idlib der Ort war, von dem aus die Terroristen Aleppo angegriffen haben. Die in den Jahren 2019 und 2020 getroffenen Vereinbarungen sahen  vor, dass unsere türkische Freunde die Situation in der Deeskalationszone von Idlib kontrollieren und die Hayat Tahrir al-Sham (ehemals Al-Nusra Front) von der Opposition zu trennen, die nicht terroristisch ist und mit der Türkei kooperiert. Das ist scheinbar noch nicht passiert.

Und ein weiterer Deal war die Eröffnung der M5-Route von Damaskus nach Aleppo, die jetzt auch vollständig von den Terroristen eingenommen wurde. Wir als Außenminister werden also die Situation hoffentlich am kommenden Freitag besprechen. Das Militär und die Sicherheitsleute aller drei Länder stehen in Kontakt miteinander.

Tucker Carlson: Wer unterstützt diese islamistischen Gruppen, die sie Terroristen nennen?

Sergej Lawrow: Wir haben ein paar Informationen darüber. Wir möchten mit all unseren Partnern besprechen, wie wir ihre Finanzierungs- und Bewaffnungskanäle unterbinden können.

Die Informationen, die es dazu gibt und öffentlich zugänglich sind, erwähnen unter anderem die Amerikaner, die Briten. Einige Leute sagen, dass Israel daran interessiert sei, diese Situation zu verschärfen. Damit Gaza nicht so genau unter die Lupe genommen wird. Es ist ein kompliziertes Spiel. Viele Akteure sind beteiligt. Ich hoffe, dass die Kontakte, den wir für diese Woche planen, helfen wird, die Situation zu stabilisieren.

Tucker Carlson: Was halten Sie von Donald Trump?

Sergej Lawrow: Ich habe ihn mehrmals getroffen, als er sich mit Präsident Putin traf und er hat mich zweimal im Oval Office empfangen, als ich ihn zu bilateralen Gesprächen besucht habe.

Nun, ich denke, er ist ein sehr starker Mensch. Jemand, der Ergebnisse will. Der es nicht mag, Dinge aufzuschieben. Das ist mein Eindruck. Er ist im  Gespräch sehr freundlich. Aber das bedeutet nicht, dass er pro-russisch ist, wie einige Leute versuchen, das darzustellen. Die  Sanktionen, die wir unter der Trump-Administration erhalten haben, waren enorm.

Wir respektieren jede Entscheidung der Wähler. Wir respektieren die Wahl der Amerikaner. Wie Präsident Putin sagte, sind wir die ganze Zeit offen für Kontakte mit der jeweiligen US-Regierung und waren es immer. Wir hoffen, dass wir uns verstehen werden, wenn Donald Trump vereidigt wird. Der Ball liegt bei ihnen, wie Präsident Putin sagte. Wir haben unsere Kontakte, unsere wirtschaftlichen Verbindungen im Handel, in der Sicherheit oder in irgendwas anderem nie abgebrochen.

Tucker Carlson: Meine letzte Frage ist: Wie sehr sind Sie mit Ihrem wissen über eine Eskalation im Konflikt zwischen Russland und den USA besorgt?

Sergej Lawrow: Mit dieser Frage haben wir das Gespräch angefangen, mehr oder weniger.

Tucker Carlson: Es scheint die zentrale Frage zu sein.

Sergej Lawrow: Ja. Die Europäer sagen hinter vorgehaltener Hand, dass es nicht an Wolodymyr Selenski liegt, die Bedingungen eines Friedens zu diktieren – sondern an den USA und Russland.

Ich denke nicht, dass wir unsere Beziehungen so gestalten sollten, das wir beide im Allengang alles für die Welt entscheiden.  Das ist nicht unser Stil.

Wir bevorzugen den Umgang, die wir bei BRICS pflegen, in der Shanghaier Kooperationsorganisation, wo das Prinzip der UN-Charta der souveränen Gleichheit der Staaten gilt.

Die USA sind es nicht gewöhnt, die souveräne Gleichheit der Staaten zu respektieren. Wenn die USA sagen, dass sie nicht erlauben können, dass Russland gegen die Ukraine gewinnt, weil dies ihre „regelbasierte internationale Weltordnung“ untergraben würde, meinen sie damit ist die amerikanische Vorherrschaft.

Übrigens hat die NATO, zumindest unter der Biden-Regierung, den gesamten eurasischen Kontinent im Auge, samt ihrer Indo-Pazifischen Strategie. Das Südchinesische Meer und das Ostchinesische Meer stehen bereits auf der NATO-Agenda. Die NATO verlegt die Infrastruktur dorthin.

AUKUS baut das „Quartett“ Indo-Pacific Four auf, wie sie es nennen (Japan, Australien, Neuseeland, Südkorea). Die USA, Südkorea und Japan bauen ein militärisches Bündnis mit nuklearen Komponenten auf. Und Jens Stoltenberg, der ehemalige Generalsekretär der NATO, sagte letztes Jahr nach dem Gipfel, dass die euro-atlantische Sicherheit untrennbar mit der indopazifischen Sicherheit verbunden ist.

Auf die Frage, ob das bedeutet, dass man über die territoriale Verteidigung hinausgeht, antwortete er – nein, das geht nicht über die territoriale Verteidigung hinaus, aber um unser Territorium zu verteidigen, müssen wir dort präsent sein. Dieses Element der Präventivschlags tritt immer mehr in den Vordergrund.

Wir wollen mit niemandem Krieg. Wie ich schon sagte, haben im Januar 2022  fünf Atomstaaten auf höchster Ebene erklärt, dass wir keine Konfrontation miteinander wollen und dass wir die Sicherheitsinteressen und -anliegen des anderen respektieren werden. Sie erklärten auch, dass ein Atomkrieg niemals gewonnen werden kann, und daher ein Atomkrieg nicht möglich ist.

Und dasselbe wurde bilateral zwischen Russland und den Vereinigten Staaten wiederholt, als Putin und Biden sich im Juni 2021 in Genf trafen. Im Grunde wiederholten sie die Erklärung von Reagan-Gorbatschow von 1987, dass es keinen Atomkrieg geben sollte. Und das ist absolut in unserem lebenswichtigen Interesse, und wir hoffen, dass dies auch im lebenswichtigen Interesse der Vereinigten Staaten ist.

Ich sage das, weil vor einiger Zeit Mr. John Kirby, der Kommunikationskoordinator des Weißen Hauses (für Nationale Sicherheit), Fragen zur Eskalation und zur Möglichkeit des Einsatzes von Atomwaffen beantwortet hat. Kirby sagte: „Wir wollen keine Eskalation, denn wenn es einen Atomwaffeneinsatz gibt, würden unsere europäischen Verbündeten leiden.“

Selbst geistig schließt er also aus, dass die Vereinigten Staaten betroffen sein könnten. Diese Einstellung macht die Situation ein riskant. Wenn diese Einstellung vorherrscht, könnten rücksichtslose Schritte unternommen werden. Das ist schlecht.

Tucker Carlson: Sie sagen also, dass amerikanische Entscheidungsträger denken, dass es einen nuklearen Austausch geben könnte, der die Vereinigten Staaten nicht direkt betrifft, und Sie sagen, dass das nicht stimmt.

Sergej Lawrow: Das habe ich gesagt, ja. Fachleute für Abschreckung, atomare Abschreckungspolitik, wissen sehr gut, dass das ein sehr gefährliches Spiel ist. Von  einem „begrenzten Austausch“ von Atomschlägen zu sprechen, ist eine Einladung zur Katastrophe, die wir nicht haben wollen.

Tucker Carlson: Vielen Dank, Herr Lawrow.

Sergej Lawrow: Danke sehr.


(Der Übersetzer Collin McMahon ist Kontrafunk-US-Experte und Buchautor von „George Soros‘ Krieg“, „Der Zensurkomplex“ und „Trump gegen den Deep State“)

Like
Beitrag teilen:
 

9 KOMMENTARE

  1. MERZ hätte lieber zu Lawrow fahren sollen, das wäre intelligenter gewesen!!

    AHA, MERZ treibt sich gerade in der UKRAINE herum!
    Was macht er da? Was hat er da zu suchen?
    Was verspricht er sich davon?
    Er ist doch gar nicht an der Regierung.

    Von dort aus pöbelt er gegen unseren KANZLER, beschuldigt diesen er würde Kriegsangst verbreiten.
    Denkt MERZ die BÜRGER sind alle blöd?
    Die brauchen Scholz, um zu merken, dass ein Atomkrieg um die Ecke wartet??
    Wie arrogant ist dieser Mann, die Intelligenz der Bürger so snobistisch zu unterschätzen!
    Unerhört und beleidigend ist das!

    https://www.bild.de/politik/ausland-und-internationales/merz-im-bild-interview-der-kanzler-macht-angst-mit-putins-atomwaffen-67572c8c9c73a41149420dcc

    Das sagte Merz im BILD-Interview über…
    …die Lage an der Front: „Die Situation ist prekär. Russland hat sich festgesetzt in Teilen der Ukraine (…). Und ich hätte vor zweieinhalb Jahren nicht gedacht, dass ich im Dezember 2024 noch mal hier bin und dieser Krieg immer noch nicht zu Ende ist. Es ist eine große Tragödie.“

    Nach einem Atomkrieg wird er so etwas nicht mehr sagen können!

    Er soll aufhören sich zu irren! Er soll zurück in die Bank gehen, als Rechtsanwalt arbeiten oder was er da gemacht hat. Das wäre für ganz Deutschland sicherer!

  2. Wenn es nach dem bekannten Wahrsager, der wie Nostradamas sein soll, geht, (Name kann ich mich nicht erinnern), dann fängt ein Weltkrieg nicht in Russland an, sondern der sagte
    im Südchinesischen Meer würde die Eskalation beginnen.

    Wenn man das jetzt hier liest NATO verlagert ihren Hauptstandort ins Südchinesische Meer,
    dann wird es einem auch nicht gerade besser.

  3. Was wird denn in SYRIEN jetzt mit den Frauen?

    Warum fragt das keiner der werten Journalisten?

    Unter den Jublern sieht man nur Kerle, keine einzige Frau auf der Gasse!

  4. «Das Risiko kann man nie ganz ausschliessen»: Locker spricht CDU-Chef Merz über das Risiko eines Atomkrieges mit Russland

    https://weltwoche.ch/daily/das-risiko-kann-man-nie-ganz-ausschliessen-locker-spricht-cdu-chef-merz-ueber-das-risiko-eines-atomkrieges-mit-russland/

    Wer glaubte, Friedrich Merz’ Taurus-Ultimatum an Russland sei gruselig genug gewesen, der hat ihn unterschätzt.

    In einem Bild-Interview in Kiew wurde der CDU-Kanzlerkandidat gefragt, wie hoch er das Risiko einschätze, dass Kremlchef Wladimir Putin irgendwann Atomwaffen einsetze.

    Mit vorwurfsvoll aufgerissenen Augen, seinem Markenzeichen, antwortete er kühl: «Das Risiko kann man nie ganz ausschliessen.»

    Merz klang wie ein Versicherungsvertreter, der auf Risiken im Haushalt hinweist und die Vorzüge einer Haftpflichtversicherung anpreist.

    Seit Doktor Strangelove hat niemand so kaltblütig über das Risiko eines Atomkrieges geredet. …ALLES LESEN !!!

  5. Der irische Journalist Chey Bowes schreibt:

    Chey Bowes zeigte sich empört über das Vorgehen des ukrainischen Führers Wolodimir Selenski, der seiner Meinung nach die gemeinsame heroische Vergangenheit mit Russland nicht respektiert.

    „Heute zerstört Selenskis Diktatur Denkmäler für Menschen wie seinen eigenen Großvater und vergöttert diejenigen, die die jüdische, russische und polnische Bevölkerung der Ukraine ausgerottet haben“, schrieb Chey Bowes in X.

    Er fügte außerdem hinzu, dass der Großvater des ukrainischen Führers, Semjon Selenski, Oberst war.

    Er war Mitglied der Roten Armee und starb zusammen mit seinen Brüdern im Holocaust.

    So bewertete Bowes den Abriss von Denkmälern aus der Sowjetzeit und die Umbenennung von Straßen in der Ukraine.

    Außerdem hätten viele der westlichen Länder seit Jahren am 9. Mai an der Russischen Siegesfeier über den 2. WK teilgenommen, die heute auf Russland schießen wollten !!

  6. Der Westen in großen Teilen schlicht verrückt geworden

    https://unser-mitteleuropa.com/153659#comment-204625

    Die „Päpstin“ der empirischen Sozialforschung, Elisabeth Noelle-Neumann, hat schon um die Jahrtausendwende empirisch nachgewiesen, dass die Menschen im Wertewesten ihr Weltbild zu 80% über die Medien bilden.

    Von WERNER ROTH | Da der Mensch sich in der Welt überwiegend durch Erzählungen, sog. Narrative, zurecht findet, folgt er den als wahr erachteten Geschichten, die er eben über die Medien vermittelt bekommt.

    Wer also die Medien kontrolliert, kontrolliert die Weltbilder der Menschen!

    Und damit, was die Wahrheit ist und was nicht, also, was die Wahrheit im Sinne der Herrschenden sein soll. …ALLES LESEN !!!

  7. Bin nicht gerne polemisch, aber es muss mal raus:

    Die dümmsten Wahler im Land sind jene, die in der Wahlkabine ihr Kreuzchen bei der Union machen und immer noch nicht kapieren oder verdrängen, dass deren Name CHRISTLICH ein Betrug ist !!.

    Nun noch ergänzt durch zynisches Gerede über einen Armageddon.

    NUR AfD IST EINE WÄHLBARE PARTEI, VIELLEICHT NOCH BSW !!

Comments are closed.