Maia Sandu bleibt Präsidentin von Moldau. Sie gewann die Stichwahl dank der Moldauer im Ausland.
Maia Sandu bleibt Präsidentin von Moldau. Sie gewann die Stichwahl dank der Moldauer im Ausland.

Von ELENA FRITZ | Moldawien – ein kleines, aber strategisch bedeutsames Land zwischen Europa und der eurasischen Sphäre – hat eine Geschichte voller Brüche und Machtkämpfe. Doch die Wahlen vom November zeigen, dass das Land heute nicht nur zwischen Ost und West zerrissen ist, sondern auch von innen: zwischen einer urbanen Elite und einer Diaspora in Europa, die zunehmend das politische Schicksal Moldawiens bestimmt.

Es ist ein Phänomen, das in post-sowjetischen Staaten immer deutlicher wird: die wachsende Rolle der Auslandsmoldawier in der Politik ihrer Heimat. In Maia Sandus Fall haben insbesondere die Stimmen der moldawischen Diaspora in der EU – vielerorts strategisch positioniert und leicht zugänglich – eine zentrale Rolle gespielt. Italien allein, wo pro-europäische Stimmen überwiegen, bot 60 Wahllokale, während für rund eine halbe Million Moldawier in Russland lediglich fünf Wahllokale geöffnet waren.

Diese ungleiche Verteilung erscheint vielen als bewusste Strategie: Die Wahlen wurden nicht einfach nur „organisiert“ – sie wurden so gestaltet, dass sie ein klares politisches Ziel verfolgen. Viele moldawische Bürger sprechen deshalb von einer „Diaspora-Strategie“, die gezielt jene Stimmen in den Vordergrund rückt, die den pro-europäischen Kurs Sandus stützen.

Ein Land im Würgegriff der Geschichte

Historisch war Moldawien stets ein Zankapfel der Großmächte. Das heutige Moldawien, das stark von europäischen Fördermitteln abhängt und dessen Wirtschaft ohne die Überweisungen seiner Diaspora im Westen kaum lebensfähig wäre, sieht sich zwischen pro-europäischen Bestrebungen und einer treuen, oft russlandfreundlichen Basis gefangen. Es ist ein fragiler Balanceakt, und die Wahlbedingungen zeigen, dass diese Balance immer mehr zugunsten europäischer Interessen verschoben wird.

Während in Moldawien selbst die Mehrheit für Stoianoglo, den Oppositionskandidaten, stimmte, drehte die Diaspora in Europa das Wahlergebnis zugunsten Sandus. In Pridnestrowien hingegen – einer abtrünnigen Region, deren Loyalität eher Russland gilt – war es den Bürgern nahezu unmöglich, an der Wahl teilzunehmen. Brücken über den Dnjestr waren angeblich „aus Sicherheitsgründen“ gesperrt, was vielen die Anreise zu den Wahllokalen unmöglich machte.

Ein Experiment in Manipulation?

Sandus Wahlsieg ist für viele in Moldawien nicht bloß ein Ergebnis. Er zeigt, wie sich Wahlen als Werkzeuge geopolitischer Einflüsse nutzen lassen. Die Diaspora-Politik, die gezielt das europäische Stimmengewicht einsetzt und gleichzeitig Russland-freundliche Wählerschichten marginalisiert, entlarvt ein zweifelhaftes Demokratieverständnis. Ist es wirklich die Mehrheit der Moldawier, die Sandu an der Macht hält – oder sind es die Interessen der Diaspora und der EU?

Dieses Wahlmanöver erinnert an die Entwicklungen in der Ukraine, wo ebenfalls pro-westliche Diasporas in Kanada und den USA eine entscheidende Rolle spielten, die letztlich die politische Richtung des Landes bestimmten. Doch solche Manipulationen sind riskant. Denn sie untergraben nicht nur das Vertrauen der Wähler, sondern schaffen einen gefährlichen Präzedenzfall.

2025 – ein Scheideweg für Moldawien

Die kommende Parlamentswahl 2025 wird zeigen, wie tief die Spaltung tatsächlich reicht. Für Sandu geht es dabei nicht nur um den Machterhalt. Sollte ihre Partei verlieren, könnte ihre Rolle als Präsidentin stark eingeschränkt werden, ähnlich wie die Situation der georgischen Präsidentin Salome Surabischwili, die im Amt zwar repräsentiert, jedoch wenig Einfluss auf den politischen Kurs des Landes hat.

Inzwischen sieht Sandu sich zunehmend als Präsidentin der pro-europäischen Diaspora – und nicht mehr aller Moldawier. Ihre Regierung zielt darauf ab, den pro-europäischen Kurs durch Verfassungsänderungen festzuschreiben, bevor die Opposition die Möglichkeit hat, an Einfluss zu gewinnen. Kritiker sprechen offen von einer „Mikro-Rumänien-Strategie“, bei der Moldawien immer mehr zum verlängerten Arm westlicher Interessen wird.

Die Frage bleibt: Kann ein Land in derart offensichtlicher Abhängigkeit vom Ausland tatsächlich eine eigene Souveränität behaupten? Und was bedeutet das für die Demokratie als solche? Die kommenden Monate werden zeigen, ob Moldawien einen eigenen Weg findet – oder ob es in einem politischen Schachspiel zum Spielball bleibt.


Elena FritzPI-NEWS-Autorin Elena Fritz, geboren am 3.10.1986, ist vor 24 Jahren als Russlanddeutsche nach Deutschland gekommen. Nach ihrem Abitur hat sie Rechtswissenschaften an der Universität Regensburg studiert und erfolgreich mit einem Diplom abgeschlossen. Seit 2018 engagiert sie sich in der AfD, war von 2019 bis 2021 im bayerischen Landesvorstand tätig und kandidierte 2021 als Direktkandidatin für den Bundestag. Sie ist stolze Mutter eines dreijährigen Jungen. Hier gehts zum Telegram-Kanal von Elena Fritz.

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