Wer „Die Plebejer proben den Aufstand“ von Günter Grass heute liest, zieht eher Parallelen zur Pegida-Bewegung von 2014/15 als zum Aufstand des 17. Juni 1953.
Wer „Die Plebejer proben den Aufstand“ von Günter Grass heute liest, zieht eher Parallelen zur Pegida-Bewegung von 2014/15 als zum Aufstand des 17. Juni 1953.

Von C. JAHN | Wer „Die Plebejer proben den Aufstand“ von Günter Grass heute liest, zieht eher Parallelen zur Pegida-Bewegung von 2014/15 als zum Aufstand des 17. Juni 1953. Das spricht für die Zeitlosigkeit dieses Theaterstücks: Geschrieben im Rückblick auf den 17. Juni, beschreibt Grass die ewig gültigen Mechanismen, die es einer spontanen und unorganisierten Masse so schwer machen, Erhebungen gegen die Obrigkeit erfolgreich durchzuführen. Zugleich thematisiert er die Tragik, die im Rückblick mit dem Scheitern solcher Volkserhebungen verbunden sind.

Wer das Buch in der heutigen Zeit unserer totalen Bunten Republik liest, denkt daher auch nicht so sehr an den schon lange zurückliegenden 17. Juni 1953, sondern ganz unwillkürlich an die Pegida-Bewegung im Winter 2014/15: Hätte sie sich zu einem wirklichen Aufstand und Flächenbrand ausgeweitet, wäre den Deutschen die Immigrationskatastrophe vom Herbst 2015 erspart geblieben.

Die Handlung des Stücks lässt sich leicht zusammenfassen: Eine Delegation aufständischer Arbeiter bittet den Regisseur („Chef“) eines Theaters am 17. Juni um die Abfassung eines Manifests. Der Chef weigert sich und wendet sich voller Hochmut und Spott von den Aufständischen ab. Erst als der Aufstand scheitert und die SED wieder an der Macht ist, erkennt er seinen Fehler, den historischen Moment und die sich daraus ergebende Verpflichtung zur eigenen Tat, nicht erkannt zu haben.

Der Chef zeigt zwar schon früh Verständnis für die Beweggründe der Arbeiter, er hält den Aufstand aber von Anfang an aufgrund mangelnder Konsequenz für zum Scheitern verurteilt. Die Streikenden bemühen sich um eine zivilisierte Erhebung, der Chef sieht darin nur spießbürgerliche Halbherzigkeit und unnötige Kompromisse mit den Mächtigen:

–          „Nicht wirre Revoluzzer, bewusste Revolutionäre will er sehen.“ (1. Akt, 1. Szene)

–          „Na, Aufstand ist zu hoch gegriffen, doch könnte man etwas formulieren, ein Schreiben (…), das nicht zu lang und radikal, doch höflich und bestimmt.“ (1. Akt, 6. Szene)

–          „Wir haben beschlossen: keine Ausschreitungen. Geordnet, wie wir von den Baustellen kommen, dabei vollkommen unpolitisch, als Menschen nur und ohne Fahnen, ziehen wir zum Regierungsviertel.  –  Was ich sage: denn fahnenlos und selbstverständlich als Menschen werdet ihr wieder nach Hause ziehen.“ (1. Akt, 7. Szene)

–          „Sie wollen ihre Butterbrotpapiere nicht auf die Straße werfen, während fünfzigtausend Kulturpalast und Rathaus stürmen.“ (2. Akt, 6. Szene)

–          „Es wurde heftig debattiert, ob auch das Streikrecht durch Verfassung, und jemand lief, ein Exemplar zu holen.“ (3. Akt, 4. Szene)

Wir kennen all diese Verhaltensmuster auch von der Pegida 2014/15: Ordentlich, höflich, gemäßigt, alles im Rahmen geltender Gesetze, aber letztlich gescheitert. Sechs Monate später, im Herbst 2015, zeigte Angela Merkel den Deutschen, wie Revolutionen von oben erfolgreich verlaufen: unordentlich, rücksichtslos, radikal und rechtswidrig.

Neben spießbürgerlicher Mäßigung sieht der Chef die Gründe für das Scheitern des Aufstands auch in der Spontanität der Erhebung, dem damit verbundenen Mangel an strategischer Planung und einer allgemeinen Ziellosigkeit:

–          „Ob sie ‘nen Plan gemacht und wer sie führet! Habt ihr den Rundfunk schon besetzt? Den Generalstreik ausgerufen? Ist man vor Westagenten sicher? Was treibt die Vopo? Schaut sie weg?“ (1. Akt, 7. Szene)

–          „Denn das seid ihr doch: äußerst gefährliche Biertischstrategen!“ (2. Akt, 5. Szene)

–          „Bloß wissen sie nicht wohin und rennen vom Potsdamer zum Alex und vom Alex zum Marx-Engels-Platz, wo die vom Spittelmarkt gerade gewesen sind, bevor sie zum Marx-Engels-Platz, Alex,…“ (3. Akt, 6. Szene)

Auch bei der Pegida fragte man sich damals: Wie geht das jetzt weiter? Wie ist die konkrete Zielsetzung dieser Bewegung? Wir treffen uns jetzt jeden Montag zum Spaziergang, und was dann?

Sowohl dem 17. Juni als auch der Pegida gelang es zudem nicht, das ganze Potenzial an Unterstützung im Volk zu mobilisieren. Dass weit mehr Menschen mit den Zielsetzungen der Pegida sympathisierten – Schluss mit der Islamisierung und dem Missbrauch des Asylrechts! –, als zur Teilnahme an den Spaziergängen zu bewegen waren, ist bekannt. Zu viele dieser Sympathisanten aber blieben unentschlossen, zu viele gingen in Deckung oder die innere Emigration, statt sich für den Erfolg der Bewegung einzusetzen – genau wie am 17. Juni:

–          „Ich guck mir an, wie weit ihr heute kommt“ (3. Akt, 2. Szene)

Auch die Reaktionen des Regimes, die Günter Grass beschreibt, erinnern uns heute fast wortwörtlich an die Beschimpfungen der Demonstranten während des Pegida-Winters 2014/15 durch politische Funktionäre – „Pack!“ – und die allgegenwärtigen Propagandaparolen unserer jetzigen Zeit gegenüber der AfD:

–          „Sie fordern Freiheit, sind verhetzt!“ (2. Akt, 6. Szene)

–          „Sie, allesamt, sind fünfzigtausend verhetzte und verführte Elemente“ (2. Akt, 6. Szene)

–          „Aufwiegler, Revanchisten, Faschisten!“ (3. Akt, 7. Szene)

Erst nachdem der Aufstand mit Panzern niedergeschlagen wurde, erkennt der Chef den Irrtum seiner Arroganz:

–          „Als die Maurer vom Sieg plapperten, waren sie mir lächerlich. Erst ihre Niederlage überzeugte mich…“ (4. Akt, 4. Szene)

Vor allem wird ihm nun sein eigenes Versagen bewusst: Sein Nichterkennen eines historischen Moments, in dem es um alles oder nichts ging und auf die Beteiligung jedes einzelnen ankam:

–          „Ich, listig, wissend, kühl, allein, war ein Gedicht lang fast dabei. Zurückgeblieben – leere Flaschen. Ihr schaut mich an, als wäre ich durchschaut“ (3. Akt, 9. Szene)

–          „Ich stolperte, ich griff nicht zu, ich hab mir meine Finger, zehn, vom Zögern schwer vergolden lassen.“ (3. Akt, 9. Szene)

Genau diese Tragik des historischen Moments, der als solcher nicht wahrgenommen wird, begegnete uns im Winter 2014/15 wieder, knapp 61 Jahre nach dem Aufstand des 17. Juni 1953: Hätten die Deutschen in jenem Winter erkannt, dass diese Pegida-Bewegung ihre letzte Chance war, ihr Land vor der totalen Umvolkung zu schützen, ihren Kindern und Enkeln die Heimat zu erhalten und sie eines Tages nicht einer großenteils feindseligen, unberechenbaren immigrierten Mehrheit auszuliefern – die Katastrophe vom Herbst 2015 wäre ihnen vermutlich erspart geblieben. Hätten 2014/15 nicht ein paar Tausend, sondern Millionen Deutsche landesweit gegen die Umvolkung protestiert, hätte es Angela Merkel ganz sicher nicht gewagt, die deutsche Landesgrenze nur sechs Monate später für ein Millionenheer orientalischer Abenteurer und Glücksritter zu öffnen.

Figuren wie den Chef in Günter Grass‘ Theaterstück gab es 2014/15 zuhauf: Die Pegida wurde belächelt, verspottet, man klopfte kluge Sprüche und machte es sich auf dem Sofa bequem, statt zu handeln und sich einzubringen, als es darauf ankam.

Im Rückblick auf die Tragödie der vergangenen neun Jahre seit dem Herbst 2015, die völlige Veränderung unseres Landes, die brutale Vergewaltigung unserer Heimat durch die eigene Staatsmacht, die zahllosen seit 2015 von Immigrierten Ermordeten, Geschlagenen, Vergewaltigten, die geschändeten Frauen der Silvesternacht 2015 – angesichts der Erfahrungen dieser letzten Jahre dürfte heute so mancher jener Bequemlinge, die 2014/15 meinten, sie bräuchten sich nicht einzureihen, seinen Hochmut gegenüber der Pegida bereuen.

Diese Reue über die eigene Fehleinschätzung in einem entscheidenden historischen Moment lässt auch den Chef bei Günter Grass mit den Worten schließen:

–          „Was sagte ich? Das trifft mich nicht. Es atmete der heilge Geist. Ich hielt’s für Zugluft, rief: wer stört?“ (3. Akt, 9. Szene)

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12 KOMMENTARE

  1. Pegida als bundesweite Bewegung ist gescheitert, weil es sic zum unkttischen Sprachroh der AfD hat machen lassen. Pegidakundgebungen sind zu einer Parteiversammlung der AfD geworden und damit zu einem Ostdeutschen Phänomen. Viele stehen der ungehinderten Zuwanderung ablehnend gegenüber, teilen aber die sonstigen Ziele der AfD nicht. Insbesondere die Ablehnung der EU und der NATO und ihre Putinnähe stößt viele in Westdeutschand ab.
    PAX Europa mit Stürzenberger macht es besser. Sie agieren parteiübergreifend für ein definiertes Ziel, ohne sich von einer Partei vereinnahmen zu lassen. Deshalb unterstütze ich diese auch.

  2. Erstaunlich, dass es von diesem Verbrecher überhaupt Bücher gibt.

    Als Mitglied der Waffen SS müsst er eigentlich auf dem Index stehen. Oder zählt er zu den Guten, weil er links war?

  3. Die Hitzewelle rollt an und knüppelt uns alle nieder. fOCUS online ist top aktuell und informiert uns das in heissen Nächten das Risiko für Schlaganfälle um 7 % steigt.

    Es gibt ein Mittel gegen heisse Nächte, das kostet aber Geld weil es Strom kostet.

  4. .

    ghaza,

    Grass ist einfach nur ein politischer Dummkopf.
    (Einquartierungszwang bei Deutschen für Flüchtlinge).

    Solche Tüpen nicht mal ignorieren.

    Seine literarische Qualität kann ich nicht beurteilen.

    .

    1.) Friedel

    .

  5. .

    Plebejer proben den Aufstand – Patrizier vollziehen den Staatsstreich = Deutschland

    .

    2.) Friedel

    .

  6. og. Zitat/Auszug:
    „wie den Chef in Günter Grass‘ Theaterstück gab es 2014/15 zuhauf: Die Pegida wurde belächelt, verspottet, man klopfte kluge Sprüche und machte es sich auf dem Sofa bequem, statt zu handeln und sich einzubringen, als es darauf ankam……………..“

    dazu passt wie Arsch auf Eimer u.a. die Stadt Frankfurt vom Ausland als BRD Slum bezeichnet –
    bei TE heute veröffentlicht :
    >Medien zur EM: Die Welt schaut auf Deutschlands größten Slum – TE Wecker am 18 06 2024<
    https://www.youtube.com/watch?v=gdSJXPBZXQs

  7. Es ist einfach eine nette Geschichte…

    „Da treffen sich zwei Frauen, beide beim SPIEGEL, und wollen den Zuschauer etwas erzählen, wie die bösen Rechten den Klimawandel als linke Schnaps-Idee dahingehend okkupiert haben, in dem sie das Märchen vom menschgemachten Klimawandel „leugnen“ und die Idee, dass wir uns mitten in einer Klimakatastrophe befinden, als Hirngespinste abtun.“

    https://eike-klima-energie.eu/2024/06/18/der-spiegel-klatsch-und-tratsch-ueber-die-rechten-klimawandelleugner/

    Natürlich zähle ich zu den abgehängten alten weissen Männern und zu den rechten Klimawandel Leugnern. Blöderweise kenne ich mich mit dem Thema wissenschaftlich aus…

    Aber als Knecht und Lakai der Öl und der Kernindustrie bin ich sowieso ungläubwürdig.

  8. Ein weiteres Beispiel sind die sogenannten Bauernproteste. Schön ordentlich geparkt innerhalb der Markierungen in Reihe und Glied. Hier und da ein kleines Mishäufelchen und ein paar aufgehängte Gummistiefel. Brav den Vortragenden lauschend.
    Erreicht- nichts! Die Obrigkeit lacht sich immer noch schlapp

  9. Beim „Klimawandel“ ist es wie bei allen Politikfeldern, die die „Hahnepampel-Ampel“ „bearbeitet“:

    Wissen ist Macht – nichts wissen – macht nichts.

  10. Kulturhistoriker
    18. Juni 2024 at 10:22

    „Wissen ist Macht – nichts wissen – macht nichts.“

    Ich habe tatsächlich mal gedacht, dass eine gute Bildung und Ausbildung die Basis für einen beruflichen Erfolg ist.

    Ich habe hinzugelernt.

    Ich kann mir keinen Urlaub auf Palau im Sand tanzend auf Steuerzahler Kosten leisten und auch ein privater Visagist für 10.000 € im Monat ist ausserhalb meiner finanziellen Möglichkeiten. Und auf die Idee, mich für einen Cocktail Empfang auf den Fidschi Inseln mit einem 10 Millionen Euro Scheck zu bedanken, komme ich nicht. Besonders, wenn der Scheck auf jemanden ausgestellt wird, der nicht gefragt wird, ob er bezahlen will.

  11. Plebejer proben keinen Aufstand mehr – dazu sind sie durch maßlosen Zuckergenuß zu verblödet – z.B. Fruchtgummis

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