Von KONSTANTIN | Vor vier Wochen erfolgte die Kapitulation der armenischen Verteidigungskräfte. Berg Karabach fällt größtenteils in azerisch-türkische Hände. Die armenische Bevölkerung wurde vertrieben. Erdogan triumphiert mit seiner Expansionsstrategie auf ganzer Linie und lässt sich in Baku feiern.
Die Ereignisse rund um die armenische Provinz Berg-Karabach haben in Europa kaum jemanden interessiert. Dabei ist es wirklich unglaublich, was 2020 passiert ist. Eine alte christliche Kulturnation wurde mit Hilfe islamischer Söldner aus Syrien erobert. Die christliche Bevölkerung von Berg-Karabach wurde vertrieben. Den Armeniern bleiben nur noch ein kleines Restgebiet der einstigen autonomen Provinz Berg-Karabach.
Vertreibungen interessieren Merkel nicht
Kein relevanter internationaler Akteur ist den Armeniern Beiseite gesprungen. Von der Erdogan hörigen Kanzlerin aus Deutschland konnte man nichts erwarten. Merkel hat Erdogan mit ihrem Flüchtlingsdeal an Europa ausgeliefert und erpressbar gemacht. Was sind schon hunderttausende vertriebene Armenier im Vergleich zu Bildern von „Flüchtlingen“ in der Tagesschau.
Für viele Beobachter überraschend war dagegen, dass Russland den Armeniern nicht zur Seite gesprungen ist. Im Berg-Karabach-Krieg Anfang der 1990er-Jahre stand Russland nach dem Zerfall der Sowjetunion noch auf Seiten Armeniens. Auch mit dessen Hilfe gelang den Armeniern die Verteidigung von Berg-Karabach gegen azerische Verbände. Diese Hilfe blieb 2020 aus. Putin wollte es sich mit dem ölreichen Alijew-Clan aus Aserbaidschan nicht verscherzen. Die aserbaidschanischen Waffenkäufe sind in Moskau sehr willkommen. Zudem scheinen die Armenier nicht auf einen Vermittlungsplan von Putin im Jahre 2017 eingegangen zu sein.
Die Niederlage der Armenier bringt erneut entsetzliches Leid über diese Volksgruppe. Die Überlebenden des türkischen Völkermords an den Armeniern 1915 hatten sich in die Gebiete des heutigen Syriens und des Libanons geflüchtet. In Syrien greifen seit 2011 mit Unterstützung der Türkei islamische Kämpfer die Zentralregierung an. Von diesen Kämpfen waren Armenier aus Syrien in das vermeintlich sichere Berg-Karabach geflohen. Nun werden sie erneut vertrieben und die Welt schaut zu.
Erdogan auf militärischem Erfolgkurs
Die Niederlage der Armenier stärkt aber auch Erdogan in seiner aggressiven Expansionspolitik. Ohne die militärische und politische Unterstützung aus Istanbul hätten die Azerbaidschaner wohl niemals gegen Berg-Karabach zugeschlagen. Aus neutraler Perspektive muss man Erdogan zugestehen: Mit seiner militärischen Expansion und seinen Angriffskriegen hat er Erfolg. Berg-Karabach wird endlich türkisch besiedelt. Im syrischen Afrin wurden die Kurden vertrieben und türkisch-sprachige Schulen eröffnet und im türkisch besetzten Zypern werden verlassene Orte von türkischen Siedlern in Besitz genommen. Erdogan schafft Fakten und alle schauen zu. Und was macht die EU? Genau, nichts!
Wenn Europa nicht weiter ein Opfer der neo-osmanischen Expansion werden möchte, wird es Zeit, sich nicht mehr die Gunst des Sultans vom Bosporus zu erkaufen, sondern eine Verteidigungsallianz zu schmieden. Dabei muss Armenien in enger Abstimmung mit Russland eine Rolle spielen.
Gerne verweisen wir in dem Zusammenhang auf unsere praktischen Tipps, wie Sie Armenien unterstützen können.
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Es waren die Drohnenschwärme aus türkischer und israelischer Produktion, die diesen Krieg entschieden haben. Bei dieser High-Tech Kriegsführung hatten die Armenier keine Chance und die Russen wollten ganz offenbar nicht zeigen, was sie gegen so etwas einsetzen können …
Russland okkupiert die Krim und besetzt die Ostukraine, die Türkei okkupiert einen Teil Zyperns, besetzt Berg-Karabch und marschiert in Syrien ein. Ich kann zwischen beiden Ländern keinen grossen Unterschied feststelllen, wenn es um ihre Expansionspolitik geht.
„Erdogan schafft Fakten und alle schauen zu. Und was macht die EU? Genau, nichts!“
Das kann man so nicht pauschal sagen. Frau Dr Merkel macht das, was sie in schwierigen Situationen immer macht. Nein, nur böse Zungen würden behaupten, sie würde abtauchen, noch bösere Zungen würden behaupten, sie liegt wieder besoffen auf der Couch, aber ich weiß es besser!
Frau Dr Merkel denkt nach! Das ist ein immenser Aufwand für sie, da sie ja alles vom Ende her denkt. Und meistens denkt sie so lange nach, bis sich ein Weg abzeichnet, den andere schon vor ihr gegangen sind und der von der Presse bereits bejubelt wird.
Und dann kommt eine der wenigen Stärken von Frau Dr Merkel zum Tragen. Sie ist die ungekrönte Meisterin im auf fahrende Züge aufspringen. Mit abgefressen Klauen und Ellenbogen kämpft sie sich bis in den Führerstand vor und erklärt dann der staunenden Presse, dass sie den Zug höchstpersönlich aus dem Depot geholt hat. Das ist Politik à la Merkel.
Frage an Radio Eriwan:
Wie hätte der Westen reagiert, wenn das so im Kosovo passiert wäre?
… um nicht die Vertreibung im 15. Jh. aus Klein-Armenien zu vergessen.
Bei Erdogan bekommt der alte Werbeslogan eine völlig neue Bedeutung:
„Ist er zu stark, bis Du zu schwach“
Ich möchte wertungsfrei ein paar Fakten beisteuern:
In Bergkarabach findet eine ethnische Säuberung zum Nachteil der Armenier statt, die ihre eigenen Häuser verbrennen.
Umgekehrt wurden die Azeris durch Armenier vertrieben, nachdem sie das Gebiet erobert hatten.
Militärisch hätte Aserbaidschan keine Hilfe der Türkei benötigt. Entscheidend war das Stillhalten Putins.
Aserbaidschan ist ein vollständig korrupter, derzeit noch schiitisch, aber laizistisch aus der Zeit der Soffjets geprägter Staat.
Im Iran leben mehr Azeris als in Aserbaidschan.
Die Sprache der Aserbaidschaner ist dem Türkischen sehr ähnlich.
Aserbaidschan ist ein wichtiger Brückenstaat im eurasischen Raum, ähnlich der Ukraine. Ausserdem verfügt es über Bodenschätze.
Deshalb steht Aserbaidschan auf der Agenda der Transatlantiker. Man könnte dort ein paar Raketen an die russische Grenze stellen.
Für Dodo-Schland winken Filialen von Lidl und Aldi.
Armenien ist völlig irrelevant für die anti-russische Geostrategie.
Den Rest können Sie sich bitte selbst zusammenreimen.
@klimbt
Die Krim gehörte seit 1786 zu Rußland. In den 1950er Jahren wurde sie von Chruschtschow an die Ukraine VERSCHENKT. Da das innerhalb der Sowjetunion geschah, war das kaum gravierend und entspräche etwa dem Fall, daß das Saarland innerhalb der BRD an Rheinland-Pfalz verschenkt worden wäre.
Nach dem Zerfall der UdSSR sah das natürlich etwas anders aus.
Die deutschen Medien sehen das natürlich ganz anders: Aggression! Böser Putin!!
Tja, ob Erdogan nun der Kampfköter der Transatlantiker ist, der die Dreckarbeit erledigen und helfen soll, neuen Wirtschaftsraum im Osten zu erschliessen, oder ob Erdogans militärische Expansionspolitik seinen nassen Träumen vom Wiedererrichten des Osmanreiches geschuldet ist, werden wir nie erfahren.
Aber sicher ist, dass der türkische Kampfköter früher oder später seine Herrchen anfallen wird.
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klimbt 10. Dezember 2020 at 19:59
Abgesehen von den Tatsachen, die Kommentator
Kobold2 10. Dezember 2020 at 21:12
schon erwähnt hat, fand auf der Krim eine Volksabstimmung mit dem Ergebnis statt, sich Russland wieder anzuschliessen.
Gut, dass die vertriebenen Armenier ihre Häuser verbrannten, kann man auch als Volksabstimmung sehen, dann aber definitiv gegen einen „Anschluss“ Berg-Karabachs ans Osmanreich.
Eurabier 10. Dezember 2020 at 20:12
Antwort:
„Im Prinzip gleich, nur mit mehr militärischer Unterstützung.“
Was sagt eigentlich der Internationale Gerichtshof in Den Haag zur Fortsetzung des Genozids an den Armeniern oder ist dieses Gericht auch nurmehr ein „Gericht“ und kann weg?
Putin ist doch auch nicht blöd.
Wenn der dem türkischen Kopftreter auf die Finger klopft, ruft der Türke doch sofort nach seinen NATO-Kuhsängs, die nur darauf warten, den Bären wieder ankläffen zu können – und vielleicht auch mehr.
Für viele Beobachter überraschend war dagegen, dass Russland den Armeniern nicht zur Seite gesprungen ist. Im Berg-Karabach-Krieg Anfang der 1990er-Jahre stand Russland nach dem Zerfall der Sowjetunion noch auf Seiten Armeniens. Auch mit dessen Hilfe gelang den Armeniern die Verteidigung von Berg-Karabach gegen azerische Verbände. Diese Hilfe blieb 2020 aus.
Das hat ein Grund die nicht erwähnt wird: in 2018 hat die armenische Regierung einen Westkurs eingesetzt, genau wie die Ukraine es getan hat oder Belarus es jetzt versucht. Das hat natürlich Konsequenzen für die russische Bereitschaft ihre ehemalige christlichen Bruder zu helfen.
https://www.cacianalyst.org/publications/analytical-articles/item/13451-armenia-seeks-to-enhance-cooperation-with-the-west.html
„Armenia Seeks to Enhance Cooperation with the West“
In Bergkarabach findet eine ethnische Säuberung zum Nachteil der Armenier statt, die ihre eigenen Häuser verbrennen.
Umgekehrt wurden die Azeris durch Armenier vertrieben, nachdem sie das Gebiet erobert hatten.
Mehr Beweis das multiethnische Gesellschaften zum Scheitern verurteilt sein und enden in Krieg, Vertreibung und möglicherweise Genozid.
#RiversOfBlood
Aber das wissen hier bereits alle.
Warum sollte Russland eingreifen? Die Armenier haben sich vor zwei Jahren entschieden, Russland die kalte Schulter zu zeigen und sich den dekadenten Westen anzubiedern. Das ist alles Geopolitik. Die Armenier haben sich verschätzt und haben verloren. Wer sich auf den Westen verlässt, der ist verlassen.
Über die Haltung Westeuropas zu Berg-Karabach braucht man nicht viel nachzudenken. Generell ekelhaft, Feige und oportunistisch.
Für Trump-Amerika und Russland hat das ganz andere Aspekte. Je mehr Erdogan seine Armee ausdünnt, je mehr Gebiete er befrieden muss, desto eher sind seine Reserven aufgebraucht, desto schneller seine Armee vernichtet. Im Gegensatz zur Krim, dessen Bevölkerung die Rückkehr zu Russland haben wollte (ganz legitim), ist Erdogans Kriegsgewinn ist nicht nachhaltig, weder in Syrien noch in Berg-Karabach.
Wir wohnen hier einem Schachspiel zwischen Grossmächten und Schattenstaaten (Waffenindustrie, City of London) zu. Natürlich träumen sie davon, Russland in einen Mehrfrontenkrieg zu verwickeln, hatten sie doch mit Deutschland damit grossen Erfolg. Erdogan wird dabei benutzt wie zuvor Sadam Hussein.
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