Frauke Petry setzt derzeit alles daran, als alleinige AfD-Spitzenkandidatin für die Bundestagswahl aufgestellt zu werden. Mitgliedervotum und Vorstandsbeschlüsse für ein Spitzenteam hin oder her. Im Vorfeld des entscheidenden AfD-Bundesparteitages am 22./ 23. April in Köln überschlagen sich dabei die Ereignisse. Obwohl viele Petry-Vertraute in den Landesverbänden in letzter Zeit herbe Niederlagen einstecken mussten und ihr Ehemann und politischer Verbündeter Marcus Pretzell mit einem neuen Skandal um angeblich nicht bezahlte Arbeitsentgelte und Sozialabgaben für den Publizisten Michael Klonovsky zu kämpfen hat, erklärte am Samstag ihr wohl größter Konkurrent, AfD-Grandseigneur Alexander Gauland, nicht gegen Petry antreten zu wollen, um eine Spaltung der Partei zu vermeiden.

Ist damit bereits eine Vorentscheidung in dem AfD-Machtkampf um die Spitzenkandidatur zur Bundestagswahl gefallen? Und was hat es mit den plötzlich aufgetauchten Richtungs- und Strategieanträgen „gegen rechts“ von Frauke Petry auf sich? Wird in Köln wirklich auch inhaltlich die künftige Richtung der AfD entschieden oder handelt es sich bei diesen Vorstößen sowieso nur um Ablenkungsmanöver zur Verwirklichung persönlicher Karriereabsichten? Das alles kann seriöserweise im Moment noch nicht abschließend beurteilt werden. Gerade für außen stehende Beobachter bleiben viele Fragezeichen. Folgende Punkte können jedoch festgehalten werden:

Mit Alexander Gauland ist der bisher wohl prominenteste Mitstreiter neben Frauke Petry um einen Platz im AfD-Spitzenteam aus dem Rennen ausgeschieden. Gleichwohl bedeutet das noch nicht, dass es keinen Versuch geben wird, ein Spitzenteam in Alternative zu einer alleinigen Kandidatur von Frauke Petry zu bilden – Überraschungen nicht ausgeschlossen.

Frauke Petrys innerparteilicher Rückhalt ist in den letzten Wochen trotz der Entscheidung von Gauland stark gesunken. Sie musste persönlich mehrere Abstimmungsniederlagen in ihrem eigenen Landesverband Sachsen hinnehmen und wichtige Verbündete verfehlten auch in anderen Bundesländern vordere Plätze bei den Landeslisten zur Bundestagswahl oder wurden gar nicht aufgestellt, wie z.B. der Petry-Intimus und Bundesvorstand Dirk Driesang.

Umgekehrt sitzt ihr selbst gewählter Hauptgegner Björn Höcke fester im Sattel als noch vor ein paar Wochen. Nicht nur sein thüringischer Landesverband steht geschlossen hinter ihm, sondern es konnten auch bundesweit zahlreiche seiner Verbündeter und Flügel-Mitstreiter aussichtstreiche Listenplätze zur Bundestagswahl erringen und ihre innerparteiliche Position verteidigen, wie z.B. Armin Hampel in Niedersachsen oder André Poggenburg in Sachsen-Anhalt.

Hinzu kommt, dass Frauke Petrys Ehemann und politischer Verbündeter, der NRW-Landeschef Marcus Pretzell, sich immer mehr zu einem Mühlstein für ihre Ambitionen entwickelt. Pretzell hat sich inzwischen weit über die Grenzen Nordrhein-Westfalens hinaus den Ruf einen unseriösen Hasardeurs erworben. Unter seiner Führung hat sich der NRW-Landesverband völlig zerstritten. Fast die Hälfte des Verbandes wurde systematisch ausgegrenzt und kalt gestellt. Da es sich dabei um den deutlich aktionistischeren Flügel handelt, leidet darunter nun merklich der angelaufene Landtagswahlkampf. Zur offiziellen, landesweit beworbenen Wahlkampfauftaktveranstaltung in Essen mit Pretzell und Petry kamen am Samstag nur rund 300 Teilnehmer. Wenn man bedenkt, wie viele tausend Bürger ein Björn Höcke in Nichtwahlkampfzeiten im kleinen Bundesland Thüringen zu Demonstrationen in Erfurt bewegt, lässt dies nichts Gutes für das 18-Millionen-Einwohner-Bundesland hoffen.

Zudem sieht sich Pretzell neuen Vorwürfen des renommierten Publizisten Michael Klonovsky ausgesetzt: Klonovsky hat gegen Pretzell eine Anzeige bei der Staatsanwaltschaft Bochum wegen nicht gezahlter Löhne und Sozialabgaben eingereicht. Klonovsky wurde nach einem vorliegenden Arbeitsvertrag im Juli 2016 von Pretzell als Redenschreiber und Öffentlichkeitsmitarbeiter eingestellt, aber nie dafür bezahlt! Der bereits in der Vergangenheit mit persönlichen und finanziellen Skandalen kämpfende Pretzell behauptet dagegen, der Vertrag sei nie wirklich zustande gekommen, Klonovsky habe nie seine Arbeitsleistung angeboten, was dieser allerdings durch eine prompte Veröffentlichung auf seiner Internetseite konterkarierte.

Die von Petry bemühten strategischen und politischen Argumente im innerparteilichen Machtkampf wirken arg konstruiert. Es leuchtet einfach nicht ein, warum ausgerechnet die mit Front National kooperierende, den Begriff „völkisch“ rehabilitieren wollende Petry plötzlich Anträge gegen „völkische und nationalistische Ideologien“ innerhalb der AfD einbringt.

Es drängt sich vielmehr der Eindruck auf, dass Petry damit einen Hebel gegen Höcke und Co. gefunden zu haben glaubt, mit der sie ihr persönliches Karrierestreben inhaltlich verbrämen könnte. Denn Petry scheint in Höcke den Hauptbremsklotz für einen baldigen Karriersprung in ein Ministeramt zu sehen.

Ihr Wunsch nach schnellen Regierungsbeteiligungen wird aber auch mit Hinweisen auf die Vorbildfunktion der österreichischen FPÖ nicht einleuchtender. Denn der Vergleich zwischen AfD und FPÖ hinkt nicht nur, sondern er humpelt gewaltig. Während die AfD vier Jahre nach ihrer Gründung noch relativ ungefestigt vor einer letztendlich ungewissen Zukunft steht, ist die FPÖ bereits seit vielen Jahrzehnten eine etablierte Partei im anerkannten Verfassungsbogen der Republik Österreich. Und sogar aus dieser Position heraus ist der FPÖ als ungefähr gleichstarker Partner eine Koalition mit den österreichischen Christdemokraten der ÖVP nicht gut bekommen. Während die FPÖ unter der Führung von Jörg Haider im Jahr 2000 mit fast 30 % in diese Koalition eintrat, kam sie nach einigen Jahren gespalten und inhaltlich völlig entkernt mit weniger als 10 % wieder heraus.

Die aktuelle Führung der FPÖ unter HC Strache tat deshalb gut daran, danach zehn Jahre jeden Gedanken auf eine Regierungsbeteiligung weit von sich zu weisen. Erst danach hat man wieder erste Regierungsbeteiligungen auf Landesebene angestrebt. Auf diese Weise hat die FPÖ die anderen Parteien aus der Opposition heraus vor sich hergetrieben, bis man aktuell zur stärksten Partei bundesweit aufstieg und nun ernsthaft an eine mögliche Regierungsverantwortung als Seniorpartner denken kann. Wie man aus dem Beispiel der FPÖ deshalb für die junge AfD in schon wenigen Jahren eine Koalitionsfähigkeit ableiten will, bleibt wohl das alleinige Geheimnis von Frauke Petry.

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