Von PETER M. MESSER | Die Klagen gegen den ESM sind im Eilverfahren vor dem Bundesverfassungsgericht wie erwartet im Wesentlichen erfolglos geblieben, und das wird auch im Hauptsacheverfahren so bleiben. Zwar wurden wieder die Rechte des Bundestages bei Entscheidungen über Maßnahmen der Transferunion betont. Aber welchen Schutz soll das bedeuten, wenn im Bundestag keine Parteien sitzen, die sich der Transferunion entgegenstellen?
Wer jetzt über die Verfassungsrichter jammert und fordert, sie hätten dieser oder schon früheren Klagen stattgeben sollen, der sollte sich eingestehen, dass er von ihnen etwas verlangt, wozu die meisten nie das Rückgrat hatten. Die allerwenigsten haben durch Wahlerntscheidungen oder Demonstrationen die Positionen unterstützt, die das Bundesverfassungsgericht nun durchsetzen sollte. Und indem das Gericht wie bisher vor allem die Verantwortlichkeit des Parlaments betonte, hat es den Ball an die Bürger zurückgespielt. Warum sollte es das Volk vor seinen gewählten Vertreter beschützen und den Staat vor sich selbst? Denn das war und ist der Kern der ganzen Klagerei: man will auf dem Rechtsweg ein Ziel erreichen, für das es (außer ausgerechnet in Form der Linkspartei) keine wahrnehmbare parlamentarische Kraft gab und gibt. Das haben die letzten Wahlen wieder in deprimierend eindrucksvoller Weise gezeigt. Dass es eine solche Kraft nicht gibt, dürfte auch mit dem Grund der überzogenen Hoffnungen zusammenhängen, die man in verfassungsrechtliche Klagen setzt: einem fetischistischen Verhältnis der Deutschen zum Recht.
Fetischismus hat hier nichts mit Lack und Leder zu tun, sondern ist ein Begriff der Religionswissenschaft und Gesellschaftskritik. Fetischismus bezeichnet ein Verhältnis zu gemachten Gegenständen, das diesen Dingen einen eigenen Willen und eine eigene Wirkmächtigkeit zuerkennt, etwa bestimmten Götterbildern oder in besonderer Weise hergestellten Sachen wie eben Fetischen. Wille und Macht der Fetische haben ihren Sitz natürlich in den Menschen und den Gesellschaften, die sie auf die Fetische projizieren. Besonders mächtig wird diese Projektion, wenn verdeckt wird, dass die Fetische gemachte Dinge sind, wenn es von einem Götterbild etwa heißt, es sei vom Himmel gefallen.
Das in der Hoffnung auf die Klagen vor dem Verfassungsgericht sichtbar gewordene bürgerlich-konservative Verhältnis zum Recht ist deshalb ein fetischistisches Verhältnis, weil es das (Verfassungs-)recht als ein quasigöttliches Wesen ansieht, dessen Wille frei von allen politischen Realitäten durch die Priesterschaft des Bundesverfassungsgerichts verwirklicht werden könnte. Aber das stimmt nicht. Ob und wie sich Recht verwirklicht, ist immer von den politischen und gesellschaftlichen Verhältnissen abhängig. Dem Grundgesetz diene ich am besten, indem ich es mit Leben fülle, indem ich nicht juristisch, sondern politisch werde.
Recht ist ein Instrument zur Erreichung bestimmter Zwecke wie eine Kaffeemaschine auch. Und das bedeutet: es ist erst einmal eine gute Sache. Aber damit meine Kaffeemaschine Kaffee kocht, braucht sie Wasser, Kaffeepulver und Strom. Und um ihr dies zuzuführen, muss ich selbst etwas tun. Ich muss mich mit bestimmten Menschen auseinandersetzen, mit den Stadtwerken und dem Kaffeehändler, ich muss die Maschine mit Kaffee und Wasser befüllen und auf einen Knopf drücken. Es hilft nichts, wenn ich vor der Kaffeemaschine rituelle Tänze aufführe und Räucherstäbchen abbrenne. Aber genau das haben die „anständigen“ Bürger seit dem Vertrag von Maastricht und den ersten Klagen dagegen getan: Sie haben ihren Zorn nicht in politisches Handeln umgesetzt zusammen mit den Menschen und Parteien, die dafür gerade zur Verfügung standen, sondern sie haben ihn in Rauch aufgehen lassen und dem Götzen Karlsruhe dargebracht. Aber dieser Götze ist tot und leer, weil jeder Fetisch nur die Handlungsbereitschaften und Machtressourcen widerspiegeln kann, die in einer Gesellschaft vorhanden sind – und für Euro- und ESM-Gegner fehlen sie.
Gerade der Konservative neigt dazu, aus dem Recht einen Fetisch zu machen, weil er die Fortdauer bestehender Verhältnisse wünscht und ein Bewusstsein von der Gemachtheit jeden Rechts, auch des Verfassungsrechts, auf ihn beunruhigend wirkt und deshalb verdrängt wird. Dadurch wird er zur leichten Beute derjenigen, die sich der Gemachtheit des Rechts bewusst sind und die Rechtsordnung in ihrem Sinne umbauen, während sie den braven Bürger mit rechtlichen Vogelscheuchen-Fetischen wie dem wirkungslosen Verbot der Übernahmen fremder Staatsschulden täuschen. Gerade das Bailout-Verbot bietet Rechtsfetischismus in Reinkultur: die tatsächliche Trennung der finanzwirtschaftlichen Verantwortungsräume der einzelnen Staaten durch eigene Währungen wurde aufgehoben und durch eine rechtliche Norm ersetzt, die schon immer den Nachteil hat, dass sie, anders als ein tatsächlicher Umstand, immer erst befolgt und von Institutionen durchgesetzt werden muss, um wirksam zu werden. Es war absehbar, dass diese Ersetzung von Fakten durch Rechtsnormen scheitern musste. Die politische Impotenz der anständigen Bürgerchen ist mal wieder Folge ihrer mangelnden Aufgeklärtheit.
Das Religionsartige des Rechtsfetischismus zeigt sich deutlich, wenn man seine Opfer bei einem akuten Anfall beobachtet: Sie richten sich auf, sie heben erregt die Stimme, ihre Wortwahl wird absolut: Das Grundgesetz und Karlsruhe würden niemals zulassen, dass … Nun, tatsächlich lässt Karlsruhe als Hüterin der Verfassung jede Übertragung von Vermögen und Souveränität Deutschlands zu, wenn sie in der rechtlich gebotenen Form erfolgt. Den Rechtsfetischisten beeindrucken diese Erfahrungen aber nicht, weil er sich vor allem seiner Rechtgläubigkeit vor einer überirdisch glänzenden Instanz namens Recht vergewissern will in der Hoffnung, dass ihre Strahlen auch sein verschüchtertes Selbst vergolden. Mit Wirklichkeitsbewältigung hat das nichts zu tun, sondern mit Narzissmus, aber das bedürfte einer tieferen Ausarbeitung.
Der Fetischismus des Rechts begünstigt – und wird begünstigt durch – eine mangelnde Konfliktbereitschaft. Es ist nicht dasselbe, etwa einem Griechen ins Gesicht zu sagen, dass ich nicht für ihn zahlen will, oder zu sagen, dass die Verfassung keine Schuldenübernahme gestattet. Das eine mal bin ich verantwortlich, das andere mal die Verfassung. Den Egoismus und Nationalismus, zu dem ich mich nicht traue, soll das Grundgesetz für mich verwirklichen. Die Hoffnung auf die Klagen in Karlsruhe war nicht zuletzt für viele eine Möglichkeit, quälende Entscheidungen über eine Änderung des eigenen Wahlverhaltens zu vermeiden und weiter das „geringere Übel“ oder gar nicht zu wählen. Nach meiner Erfahrung tritt Rechtsfetischismus gerne mit ausgeprägter Distanzitis von allem auf, das als irgendwie rechts gilt. Ohne flankierende politische Willensäußerungen bleibt das auf sich allein gestellte Recht aber machtlos.
Rechtliche Argumente können darum immer nur Hilfsargumente sein. Dass sie tatsächlich oft Hauptargumente sind zeigt den massiven Realitätsverlust, zu dem Rechtsfetischismus selbst bei Euro- und ESM-Kritikern führen kann: Wer behauptet, die Ursache der Eurokrise sei der Bruch von Verträgen, sagt ja, dass der Euro funktioniert hätte, wenn man sich an die Verträge gehalten hätte. Er hat sich damit den Euro-Fanatikern argumentativ unterworfen, weil er die eigentlichen Gründe verdrängt hat: dass man nämlich nicht verschiedene Volkswirtschaften unter eine einheitliche Währung mit einem einheitlichen Zinssatz zwingen kann und nicht auf die Schutz- und Ausgleichsfunktion von Wechselkursänderungen verzichten darf. Der Verstoß gegen die ökonomischen Gesetze war die Ursache der Rechtsverstöße, nicht umgekehrt. Der Glaube, dass der Euro an Vertragsverletzungen gescheitert sei, gehört darum in dieselbe Kategorie wie die Auffassung, der Sozialismus sei nur wegen seiner mangelhaften Umsetzung untergegangen.
Zu befürchten ist auch, dass der Rechtsfetischismus die Verhältnisse, die er nicht verhindern konnte, sogar noch stützen wird. Denn ist die Selbstauflösung Deutschlands erst einmal in eine Rechtsform gegossen, kniet der Rechtsfetischist vor ihr nieder: sie ist jetzt ja das heilige Recht. Ohne Rechts- und Vertragsbruch, ohne Täuschung und Betrug wird man aus der Nummer aber nicht mehr herauskommen. Man sollte sich also ein strikt funktionales und sogar zynisches Verhältnis zum Recht zulegen. Unsere südeuropäischen Nachbarn können da durchaus Vorbild sein.
Die Betrachtung des Rechts unter dem Gesichtspunkt des Fetischismus bietet schließlich noch eine Erklärung dafür, warum internationales Recht so gefährlich für die Demokratie ist. Das sieht man immer wieder, wenn irgendwelche europäischen Konventionen gegen die Ergebnisse schweizer Volksabstimmungen ins Feld geführt werden. Dafür genügt es schon, dass solche Dokumente schwer zu ändern sind. Aber es geht noch darüber hinaus: Hat ihre gesamte Entstehungsweise nicht etwas enorm Fetischistisches? Die Delegierten, die sie entwerfen, habe in ihren Herkunftsregierungen eine herausgehobene Stellung wie Medizinmänner. Die Vereinbarungen entstehen in einem langwierigen Prozess wie in einem Ritual, das der Öffentlichkeit – allerdings vor allem aus Desinteresse – verborgen bleibt, bis sie in das politische Leben einschlagen wie ein vom Himmel gefallenes Götterbild. Und wenn sie erst einmal eingeschlagen sind, umspinnt sie bald eine sakrale Aura. Wer sie angreift, hat weniger mit rationalen Argumenten zu rechen als damit, als pietätlos und frevlerisch zu gelten.
Das kann jeder für sich in der Presse beobachten. Und jedem einzelnen ist es aufgegeben, sein Verhältnis zum Recht daraufhin zu überprüfen, ob es ein fetischistisches ist. Selbstaufklärung tut hier Not, und dabei sollte man sich ruhig an den afrikanischen Völkern orientieren, bei denen Fetische in Gebrauch sind. Denn diese Völker liefern sich den Fetischen nicht aus, sondern sind durchaus in der Lage zu reagieren, wenn sich ein Fetisch als wirkungslos erweist: Sie machen dann einfach einen neuen! Auch gibt es spezielle Hütten, in denen kraftlos gewordene Fetische verwahrt werden. Afrikaurlaubern sei daher geraten, immer eine Ausgabe des Grundgesetzes dabei zu haben. Vielleicht trifft man ja einen freundlichen Medizinmann, der dafür noch ein Plätzchen in seinem magischen Altersheim frei hat. Denn eines hat die Geschichte der Klagen in Karlsruhe gezeigt: das Recht alleine schützt nicht. Wer auf das Recht baut, hat auf Sand gebaut. Punkt. Aus. Ende.
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Sehr interessant:
Das doppelte Spiel von Mursis Moslem-Brüdern:
Das Schwanken der ägyptischen Muslimbruderschaft zwischen Populismus fürs heimische Publikum und Realpolitik spiegelte sich am Donnerstag auch auf Twitter wider: Auf Arabisch rief die Muslimbruderschaft weiterhin zu Protesten auf. Unterdessen twitterte sie auf Englisch in Richtung des internationalen Publikums: “Wir sind erleichtert, dass niemand aus der amerikanischen Botschaft von Kairo verletzt wurde, und hoffen, dass die amerikanisch-ägyptischen Beziehungen die Turbulenzen der Ereignisse vom Dienstag aushalten.”
Siehe: http://www.spiegel.de/politik/ausland/schmaehvideo-aegyptens-muslimbrueder-treiben-doppeltes-spiel-a-855898.html
CDU und FDP mit solchen Forderungen jetzt auch Rechtsaußen?
http://rundertischdgf.wordpress.com/2012/09/13/cdu-und-fdp-politiker-fordern-null-toleranz/
ich vertraue den deutschen Politikern nicht. Sie sind dumm und denken nicht weiter, wie der Apfel vom Baum fällt. Die werden mich ruinieren. Die werden mir alles nehmen, was ich mühselig erschaffen hat. Und die Deutschen wehren sich nicht. Sie machen alles mit, siehe 1933.
Das, was man als Recht aufgrund der Gesetze empfindet, ist noch längst nicht das Recht, dem man sich beugen muss, das ein Gericht verkündet, das dem obersten Recht verpflichtet sein sollte.
Messerscharf, was Peter M. Messer über Grundgesetz und Fetisch zu berichten weiß. Kein einfach zu verstehender Text. Nicht nur Verstand, sondern auch Phantasie und geistige Geschmeidigkeit sind hier gefordert.
„Afrikaurlaubern sei daher geraten, immer eine Ausgabe des Grundgesetzes dabei zu haben“, heißt es im Text.
Auf denn — nicht nur den Roten Roben sei deshalb ein ungezwungenes Tänzchen an frischer Luft und auf fremder Erde angeraten, sondern auch dem Souverän, welcher wir doch alle sind….
http://tinyurl.com/czlhmf
Guter Artikel. Es gibt allerdings noch ein paar Dinge zu erwähnen:
1) Bei der Euro-Einführung ging die Politik – wenn auch naiverweise – davon aus, dass rasch eine politische Union folgen würde. Dass eine gemeinsame Währung auf Dauer nicht ohne eine enge wirtschaftliche und politische Union funktionieren kann, haben auch die Befürworter des Euro gewusst. Sie waren naiv, aber nicht verblödet.
2) Schon direkt bei der Einführung des Euro wurde gegen die Verträge verstoßen. Deutschland, Italien und Belgien hatten die Kriterien seinerzeit nicht erfüllt. Kohl und Waigel haben die Bundesbank darauf hin angewiesen, die Goldreserven neu zu bewerten und die Bilanzen geschönt. Italien und Belgien musste Deutschland schlucken, weil ansonsten Frankreich nicht mitgemacht hätte.
Der Euro war somit von Anfang an zu keiner Phase seiner Existenz vollständig vertragsgemäß.
Vielen Dank, dass Herr Messner bereits im ersten Absatz die Realität kommen sieht!
Von wegen „enge Fesseln“… 😀
Unsere „Führer“ können jetzt machen, was sie wollen!
Man könnte, um die rein formale Rolle der BVerfG zu verdeutlichen auch sagen:
„Nun, tatsächlich lässt Karlsruhe als Hüterin der Verfassung auch den Bankrott und Untergang Deutschlands zu, wenn die Maßnahmen die ihn herbeiführen mit der Verfassung rechtlich in Einklang stehen.“
Wenn das Gericht selbst also nicht einen, letztlich wiederum nur vom BVerfG (also durch sich selbst) nachweisbaren Verfassungsbruch begangen hat, hat es korrekt gehandelt.
Und deshalb sind Äußerungen wie Volksverrat natürlich nicht angemessen. Das ist politischer Populismus.
Die Wahrheit sickert manchmal auf seltsamen Pfaden durch:
http://www.youtube.com/watch?v=hlVRPDYWEaM
(Bitte unbedingt ansehen!)
Aber welchen Schutz soll das bedeuten, wenn im Bundestag keine Parteien sitzen, die sich der Transferunion entgegenstellen? Ich hoffe das diese Zeile auch die CDU/FDP Wähler gelesen und verstanden haben. Nicht nur Rot/Grün ist Schuld an unserer Misere sondern die ganze Politik Klicke und nicht nur Fatima Claudia Roth.
Ein erfrischender und verblüffend einsichtiger Artikel. Mit den nationalen Währungen hatte jedes Land auch seine Verantwortung zu tragen. Mit dem Euro haben sich gerade die südlichen Länder blitzschnell dieser Verantwortung entzogen, da sie die Chance gewittert hatten, listenreich die sich in abgehobenen Gedankengebäuden verlustierenden und blind vor Eitelkeit sich an ihrer vermeintlichen Genialität besaufenden Nordländer abzocken zu können. Strategisch-taktisch hat da der Süden dem Norden eine Menge voraus. Da guckt der Norden nur noch wie eine Kuh, wenn’s donnert. Wenn nämlich die Verantwortung für das Wirtschaften bei der Gemeinschaft liegt, heißt das in der Realität, dass keiner mehr eine Verantwortung trägt. Während sich der Norden, vor allem repräsentiert durch die Merkel-Schäuble-Truppe, in Wunschträumen eines europäischen Großreiches ergeht, baldowert der Süden immens geschickt die Schwachstellen des Systems aus, um sie für sich zu nutzen. Warum arbeiten, wenn man mit schlauen Listen genauso weit, gar noch weiter kommt?!
Piraten-Partei veröffentlicht vertrauliche Unterlagen des Bundesfinanzministeriums zum ESM:
https://piratenpartei-bayern.de/2012/09/12/esm-leak-piratenpartei-bayern-veroffentlicht-unter-verschluss-gehaltene-esm-dokumente/
Hmmm…das sind zugegeben interessante Gesichtspunkte.
Aber: Wenn doch alles in Momententscheidungen, im Sinne der Gegenwärtigkeit und nach dem gerade vorherrschendem Zeitgeist -ich hasse dieses Wort- verhandelt wird….
….warum haben wir dann überhaupt Gesetze in Bücher geschrieben?
Das Volk wird von einer systemtreuen Meinungsindustrie beeinflußt. Vor Wahlen werden die Systemparteien in den Medien bevorzugt, ihre Vertreter dürfen sich dort ständig präsentieren. Alternativen werden totgeschwiegen oder verteufelt. Wie soll so das Volk die richtige Wahl treffen ? Ein Großteil des Wahlvolkes dürfte in Ermangelung einer auf einem breiten und vollständigen Informationsangebot beruhenden Meinungsbildung gar nicht in der Lage sein, eine Wahlentscheidung zu treffen. Eine weitere Frage wäre, ob eine abweichende Wahlentscheidung von herrschenden Parteien- und Medienkartell überhaupt akzeptiert werden würde. Kurzum: Haben wir überhaupt eine funktionierende Demokratie ?
Ein super Artikel! Danke dafür!
Dieser hält auch den ein oder anderen (mich eingeschlossen) von uns hier den Spiegel vor. Wirklich ein mutiger und intelligenter Artikel.
Würde mich freuen von Peter M. Messer weitere so messerscharfe Analysen hier lesen zu können.
Sollten sie schon viele bei Pi zum besten gegeben haben entschuldige ich mich, ich achte nicht immer auf die Namen der Autoren!
Auch hier: Dadurch das heute ziemlich viel *Action* ist geht dieser super Artikel leider etwas unter. Nicht davon beirren lassen 🙂
Oje…
ich hör mich ja schon fast wie ein hyperventilierender *Fanboy* an.
Aber was soll man machen wenn man mal wieder so einen Beitrag in der Qualität eines *Frank Furters* liest (find die anderen Autoren natürlich auch spitze, ja auch den Kewil) 😀
Man möge es mir verzeihen
Mit über 50 und unheilbar Krank (MS), gibt es fragen, denen ich mich nicht mehr stelle, es gibt aber auch antworten auf Fragen, die nie gestellt wurden.
Nachdem Jura wie jeder wissen sollte doch nur eine Hilfswissenschaft darstellt fragt man sich warum Hilfwissenschaftler neuerdings über die Zukunft einer Nation bzw Europas entscheiden sollten ? Ist das nicht etwas viel verlangt …?
Philosophen und auch christl.- jüdische Geistliche sollte die Geschicke dann doch besser zu langfristigen Demokratien lenken können ….auch wenn es momentan Diesen keiner zutraut … Die Entscheidung dieser Spezies „der Juristen“ wundert dagegen nicht -und eine Verantwortung dafür werden sie (wie immer schon in der Geschichte ) natürlich nicht übernehmen .
Karlsruhe ist kein Fetisch, sondern eine der wenigen Möglichkeiten, die Öffentlichkeit überhaupt noch zu erreichen.
Niemand in Deutschland durfte über den Maastricht-Vertrag, die Einführung des Euro oder den ESM abstimmen. Die Bürger wurden über die absehbaren Konsequenzen falsch oder nicht informiert.
Es ist nicht einfach, sich unter dem Dauerfeuer der MSM ein unabhängiges Bild zu machen. Für die Meisten ist das zu mühsam oder es interessiert sie einfach nicht.
Prof. Schachtschneider sagte sinngemäß auf die Frage, warum er sich bei diesem Kampf gegen den ESM-Vertrag engagiert: Die Klage muß fundiert begründet werden, sonst wird sie noch nicht einmal angenommen.
Die Urteilsbegründung des BVerfG fordert eine Änderung des ESM-Vertrages, Einer Änderung, die deutsches Vetorecht beinhaltet, werden unsere Euro-Brüder am Mittelmeer niemals zustimmen. Damit ist dieser ganze Vertrag und auch die voreilige Unterschrift von Gauck
Makulatur.
Ich freue mich also, daß diese Klage beim BVerfG viele Menschen in unserem Land zu Nachdenken gebracht hat und dieser Vertrag (formal juristisch, aber immerhin) gekippt wurde.
hier ist die richtersdaten:
http://www.bverfg.de/richter.html
>>Haben wir überhaupt eine funktionierende Demokratie ?<<
Grundsätzlich bedeutet Demokratie lediglich, dass man die Herrschenden ohne Gewalt los werden (durch andere ersetzen)kann, wie Popper meinte.
Formal gewährleisten Institutionen, die sich wechselseitig kontrollieren, ein gewisses Maß an Demokratie, weil eben nicht jeder für sich machen kann was er will. Unterschiedliche Interessen kontrollieren sich bereits per Interesse gegenseitig. Das Interesse kann z. B. auch darin liegen, seinen Beruf als Politiker und Verfassungsrichter korrekt auszuüben. Das ist in der sozialistischen Diktatur beseitigt.
Aber inhaltlich funktioniert Demokratie nur wenn die Mehrheit der handelnden Personen Demokraten sind.
Danke an die PI-Zensoren, daß sie meinen Beitrag zensiert haben! Ich habe das seit 1949 von unseren Politikern nach Gusto bis zur Unkenntlichkeit geänderte und auf den doppelten Umfang aufgeblähte Grundgesetz sowie unsere korrupte Demokratie ebenfalls als Fetische bezeichnet. Ebenso unseren heuchlerischen, verlogenen Rechtsstaat. Es ist leider eine Tatsache, daß das Grundgesetz auch bei PI quasireligiösen Status besitzt.
Liebe Leute, macht euch mal klar, daß das Grundgesetz, ebenso wie die Verfassungen der übrigen westeuropäischen Demokratien seit Jahrzehnten die kontinuierliche und irreversible Umvolkung Europas ermöglichen. Dort, wo es noch letzte Riegel gab, wie bspw. beim alten Staatsangehörigkeitsgesetz, wurde spätestens durch dessen Reform im Jahr 2000 die letzte Bastion geschliffen.
Fakt ist, daß sich unsere Verfassungen als wertlos erweisen.
#21 Lechfeld (15. Sep 2012 02:52)
Wenn es „nur“ die Bürger geswesen wären… Aber wie Karlsruhe bekanntlich auch urteilte, wurden auch die Volkszertreter getäuscht, alte, längst ungültige Fassungen überlassen usw. Da hätte Karlsruhe meiner Meinung nach den Vertrag aufheben und zur Neuentscheidung zurückgeben müssen.
Und dann noch klare Rechtsverstöße wie etwa den gegen die No-bail-out-Klausel gutzuheießen, da aruft man sich dann doch die Haare. Davon abgesehen, daß der Schirm und seine Akteure absolute Immunität genießen!
Dieser Artikel ist ausgezeichnet – danke, Peter M. Messer!
Der Text regt mich zu einer vertiefenden Betrachtung über das Phänomen an, das der Autor als Rechtsfetischismus identifiziert und für das er bei der Ursachensuche auf den Begriff des Narzissmus stößt.
Zunächst sei festgestellt, dass Recht und Gerechtigkeit (zwei verschiedene Dinge, das wird noch zu betrachten sein) mit gutem Grund eine große gesellschaftliche Bedeutung haben. Über Jahrtausende ist die Erkenntnis gewachsen, dass Gerechtigkeit Frieden schafft und Ungerechtigkeit Unfrieden.
Frieden ist ein hohes gesellschaftliches Ziel und garantiert mehr als ein Fetisch. Gerechtigkeit, als (ein wichtiger) Weg zum Frieden, findet sich in vielen politischen Programmen als Grundwert wieder, und auch dies ist in aller Regel mehr als nur eine Beschwörungsformel.
Das Recht dient unter anderem dem Zweck, Gerechtigkeit (in einer dem Recht zugrunde liegenden Gerechtigkeits-Auffassung) durchzusetzen, und es dient (anders als vielleicht eine Kaffeemaschine) auch noch weiteren Zwecken wie z.B. der politischen Herrschaft. Und irgendwo hier liegen die Verwirrungen begründet, die sich in der heutigen bundesrepublikanischen politischen Wirklichkeit wiederfinden.
Die vorhandenen Strukturen politischer Herrschaft haben nämlich eine Menge zu tun mit mangelnder Konfliktbereitschaft, die dann auch einem Rechtsfetischismus Vorschub leistet.
Nach der Katastrophe des II. Weltkriegs (die man natürlich auch vertieft betrachten kann, aber nicht hier) stand Westdeutschland, das als Basis des heutigen deutschen Staates für diese Betrachtung maßgeblich ist, vollständig unter der Herrschaft der (West-)Alliierten. Die Alliierten setzten einen Rahmen, unter dessen Einhaltung Deutschland schrittweise Teil-Souveränität wiedergewinnen konnte – und dieser Rahmen prägt auch heute noch die deutsche Rechtsordnung, beispielsweise dadurch, dass unser Grundgesetz, über das das Bundesverfassungsgericht wachen soll, eben „Grundgesetz“ heißt und nicht „Verfassung“.
Der (jedenfalls wirtschaftliche) Wiederaufstieg Deutschlands verdankt sich nicht zuletzt der Tatsache, dass man sich mit diesem Rahmen arrangiert hat. Es war wohl für alle Seiten förderlich, dass Deutschland große wirtschaftliche Potenz entfaltet hat und nach wie vor zeigt. Aber genuin eigene politische Interessen Deutschlands oder gar Konfliktbereitschaft hätten in den genannten Rahmen nicht hineingepasst. In der Zeit des „Kalten Krieges“ war ein gut (in NATO, EU usw.) eingebundenes und einigermaßen zufriedenes Westdeutschland im wohlverstandenen Interesse der West-Alliierten. Die Lehre für viele Deutschen war (und sollte sein): wenn ihr euch an den gesetzten Rahmen haltet, sorgen die „großen Brüder“ für Schutz. Und dieser Rahmen hat seine Gestalt nicht zuletzt in einer Vielfalt von Rechtsetzungen gefunden.
Heute ist der „Kalte Krieg“ selbst seit über 20 Jahren Geschichte. Den „großen Brüdern“ geht es wirtschaftlich jedenfalls nicht mehr so gut wie früher und vielen „kleineren Brüdern“ geht es richtig schlecht. Nach wie vor haben die großen und kleinen Brüder Interesse an Deutschlands Wirtschaftskraft und daran, dass es sich an den eingeübten Rahmen hält. Nur suchen diese Brüder nun viel mehr ihren eigenen Schutz, als dass sie Schutz bieten wollten.
Und genau an dieser Stelle droht der vorhandene rechtliche Rahmen zum Fetisch zu werden, weil er immer weniger für Gerechtigkeit (z.B. im Sinne eines Gebens und Nehmens) sorgt. Den „Brüdern“ wird es gefallen, wenn der deutsche Michel weiterhin um einen solchen Fetisch tanzt. Der Michel selbst wird Angst haben, den Fetisch in eine dieser speziellen Hütten für kraftlose Fetische zu legen, denn dann müsste er Konfliktbereitschaft zeigen, wo seine Erfahrung nach dem II. Weltkrieg doch aber sagt: gibt es einen Konflikt, bist du danach einen Kopf kürzer. Es ist mehr diese Angst als ein Narzissmus, der den Michel sich an den Fetisch klammern lässt.
Deutschland und auch seine Brüder stehen vor der historischen Aufgabe, einen friedlichen Weg zu einem neuen Verhältnis zu finden, das wiederum „gerecht“ sein kann. Wahrscheinlich wird dieser Weg viel mit Kooperation in Freiheit und mit Eigenverantwortung zu tun haben, und daher auch beispielsweise mit jeweils eigenen Währungen. Den ersten Schritt müssen in der Tat die Deutschen tun, indem sie die Lage erkennen und benennen. Der alte Rahmen trägt nicht mehr für die Zeit, die kommt.
#20 Akkon (15. Sep 2012 01:14)
„Nachdem Jura wie jeder wissen sollte doch nur eine Hilfswissenschaft darstellt fragt man sich warum Hilfwissenschaftler neuerdings über die Zukunft einer Nation bzw Europas entscheiden sollten ? Ist das nicht etwas viel verlangt …?“
Juristen sind leute, die die Gerechtigkeit mit dem Recht betrügen.
Und die Justiz ist die Hure der Politik!
Wir sind kein Rechtsstaat. Das beweisen die Urteile aus dem EUGH. Die haben mehr Kraft als unsere Gesetze und Urteile.
#23 ingres (15. Sep 2012 09:15)
„Aber inhaltlich funktioniert Demokratie nur wenn die Mehrheit der handelnden Personen Demokraten sind.“
Was sind denn das: Demokratie und Demokraten?
Das ist die neue Religion fürs Volk. Damit werden alle eingelullt. Und Millionen wollen auch.
Danke!
Ich hätte mir gewünscht, dass wenigstens einer der Richter den Mut zu einem Sondervotum aufgebracht hätte. Das Verstricken Deutschlands in unvorstellbare Haftungen, die jedem später gewählten Bundestag potentiell allen Handlungsspielraum rauben, kann nicht verfassungsgemäß sein. Es ist ein Vabanque-Spiel. Stand hier wieder einmal die Berufsblindheit bzw. -arroganz der Juristen im Weg? Judex non calculat? Aber genau das hätten sie tun müssen: Rechnen, was für einen Einsatz ein Bundestag in einem Glücksspiel maximal setzen darf. Oder sie haben festgestellt, dass wir von den Haftungen eh schon jenseits von Gut und Böse sind und es daher egal ist.
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