Unser Beitrag über Nyamko Sabuni (Foto), Schwedens Integrationsministerin, war einer der letzten auf unserem „alten“ Blog. Sie, die dunkelhäutige Zuwanderin, sagt Dinge und stellt Forderungen, die sie in den Augen der „Gutis“ unweigerlich zur Rassistin abstempeln müssen, so lächerlich das in diesem Fall auch sein mag. Und die Moslemorganisationen hassen sie natürlich auch, denn sie kämpft unter anderem für Menschenrechte und die Gleichberechtigung der Geschlechter.
Heute gibt es einen Beitrag über die zierliche Migrantin auf faz.net. Wir bringen Auszüge:
Ihre eigene Geschichte weist sie als Angehörige einer Minder-Minderheit aus: Als sie zwölf war, verließ sie mit den Eltern ihre Heimat Kongo – die Mutter Muslima, der Vater, christlicher Oppositionspolitiker im damaligen Zaïre, war mehrfach verhaftet worden. Schließlich konnte er mit Hilfe von Amnesty International nach Schweden ausreisen und die Familie nachholen. „Ich hatte Eltern, die uns Kinder sehr bewusst erzogen“, berichtet die Zuwanderin. „Sie haben uns von Anfang an gesagt: ,Schweden, das ist jetzt euer neues Land. Nutzt alle Rechte, die euch zustehen, erfüllt auch die Pflichten, die dazugehören‘ – und vor allem: ,Lernt die Sprache. Denn wir werden nicht nach Kongo zurückgehen, niemals.‘ Das ist meiner Ansicht nach die richtige Einstellung, die man Kindern vermitteln sollte.“
Wer vermutet, aus dieser Biographie leite sich nachsichtiges Verständnis für Zuwanderer ab, liegt falsch. Schon als Oppositionspolitikerin hat Frau Sabuni Aufsehen erregt mit Äußerungen und Einlassungen, die nicht passen wollten zum Habitus grenzenloser Toleranz und Multikulti-Gemütlichkeit, wie sie lange Zeit typisch waren für das Ikea-Land. Fünfmal beten am Tag, wie es strenggläubigen Muslimen vorgeschrieben ist – „Welcher Arbeitgeber wird das akzeptieren?“ fragte Sabuni in Interviews. Vor der Wahl veröffentlichte die Politikerin ein Papier mit dem Titel „Die Mädchen, die wir betrügen“. Darin forderte sie, junge Muslima unter 15 Jahren sollten in der Schule kein Kopftuch tragen. Die Kinder würden lediglich instrumentalisiert, um die Religionszugehörigkeit der Eltern in der Fremde hervorzuheben. Als dann auch noch ihr Vorschlag publik wurde, gynäkologische Reihenuntersuchungen von Mädchen einzuführen, um gegen die Unsitte der Beschneidung vorzugehen, erhob sich Protest unter Muslim-Verbänden. Sabuni habe ihre eigene Vergangenheit verraten, hieß es. „Möglich, dass sie die Verbindung zu Einwanderer-Gruppen verloren hat“, sagte Helena Benaouda, die Vorsitzende des größten Muslim-Verbandes in Schweden.
Eigenartig, dass Moslemverbände protestieren, wo doch die Verstümmelung der weiblichen Geschlechtsorgane mit dem Islam gar nichts zu tun hat …
Wenn die Ministerin heute über diese Erfahrungen spricht, klingt es zwar milder im Ton, in der Sache jedoch nimmt sie nichts zurück. Für die Gleichstellung der Geschlechter habe sie sich immer schon engagiert. Ihrer Auffassung nach sei der islamische Begriff der Ehre – sei er nun religiös oder kulturell bedingt – inakzeptabel in einer Gesellschaft, die Männern und Frauen die gleichen Rechte zugesteht. „Nehmen wir als Beispiel das Kopftuch. Frauen sollen das Kopftuch oder den Schleier tragen, was mit religiösen Argumenten begründet wird, um die Keuschheit der Frauen zu bewahren, wie es so schön heißt. Das ist eine Tradition, die Unterdrückung bedeutet. Aber was passierte in der Debatte? Als ich von Unterdrückung sprach, hieß es gleich, dass ich mich gegen Muslime ausspreche. So ist es natürlich nicht.“
Schweden hat mit Zuwanderung aus anderen Kulturen und aus der Dritten Welt noch nicht viel Erfahrung. Von den neun Millionen Einwohnern sind gerade zwölf Prozent Ausländer, 450 000 davon bezeichnen sich als Muslime. Nicht zuletzt wegen seiner großzügigen Asylgesetze erlebt das Land zurzeit eine Welle von Bürgerkriegsflüchtlingen aus dem Irak, gleichzeitig gibt es eine Diskussion über die Zukunft der Sozialsysteme. „Je mehr Arbeitslose, auch unter den Einwanderern, desto größer die Probleme. Viele der Ausländer, die zu uns kommen, versuchen in Gegenden zu ziehen, in denen sie unter sich bleiben. Dort spricht man kein Schwedisch, das ist schwierig für die Kinder in der Schule.“ So würden sie zu Außenseitern. „Das müssen wir bremsen, denn es darf nicht dazu kommen, dass sich auch noch die zweite Generation ausgeschlossen fühlt.“
Die Erfahrung hat sie gelehrt, dass sie gut beraten ist, ihre Kritik nicht zu massiv auf eine Zielgruppe zu konzentrieren. „Ich führe keinen Kampf gegen den Islam und die Muslime. Ich wende mich gegen Unterdrückung, zu der Religionen führen können. Es ist beispielsweise nicht akzeptabel, dass wir, die wir in demokratischen Staaten leben, Frauen das Recht auf Schwangerschaftsabbruch verweigern und keine Ehe gleichgeschlechtlicher Partner zulassen.“
Ob sie ein Rollenmodell für Neu-Schweden abgibt? „Natürlich sendet meine Ernennung, meine Arbeit und meine ganze Erscheinung ein Signal aus. Dieses Signal kann man verschieden deuten. Für die einen ist es eine Hoffnung, andere sehen mich als die Einwanderin, die als Quotenfrau gewählt wurde. Das wird durchaus ambivalent beurteilt.“ Quote hin, Ambivalenz her – ohne Zweifel hat es eine ambitionierte Juristin wie sie, die gut aussieht und auch noch stylisch daherkommt, leichter als eine eingeschüchterte Verschleierte. Tatsächlich habe auch sie Erfahrungen mit Diskriminierung gemacht. Allerdings erst, nachdem sie die Kleinstadt Kungsängen verließ, in der sie aufwuchs. Vor allem als sie sich nach dem Studium um Jobs bewarb, sei sie mehrfach abgewiesen worden und habe schließlich auf Kontakte zurückgegriffen.
Und der Sprung in die Politik? 1995 wurde ein Student von der Elfenbeinküste von einem schwedischen Neonazi erschossen. „Da wurde mir sehr deutlich, dass Schweden kein Paradies ist, und daraufhin habe ich beschlossen, mich zu engagieren.“ Mit 27 Jahren saß sie im Vorstand der Liberalen Jugend, mit 33 war sie die erste Reichstagsabgeordnete aus Schwarzafrika.
Pikant, dass eine solche Frontfrau später als Ministerin erst einmal beschloss, dem 2003 gegründeten Zentrum gegen Rassismus die Mittel zu kürzen, dessen Leiter – Schweden ist eben ein kleines Land – auch noch ihr Onkel Mkyabela Sabuni war. Begründung: Das Geld werde weniger im Kampf gegen Rassismus eingesetzt als für missglückte Kampagnen sowie für Ausstattung und Reisen ohne nachvollziehbare Zielsetzung. „Mein Onkel ist ein guter Mann“, wurde die Totengräberin der Einrichtung in der Presse zitiert. „Aber das Zentrum hat seine Ziele nicht erreicht. Ich musste den Stecker ziehen.“
Beim stern würde Nyamko Sabuni in der Kategorie „Super-Migrant“ mit Sicherheit fehlen!
(Spürnase: Florian G.)
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