Der London-Korrespondent der Welt, Thomas Kielinger (Foto), hat auf Deutschlandradio in einem hervorragenden Kommentar unter erläutert, warum eine falsch verstandene Toleranz den radikalen Islamismus befördert. Die mit einer Menge Geld geförderten angeblichen Integrationsmaßnahmen sind in Wahrheit nichts anderes sind als eine Pflege der Sonderstellung von moslemischen Einwanderern, eine Zementierung ihres Andersseins.
Die Alternativgesellschaft in unserer Mitte: Falsch verstandene Toleranz hat den radikalen Islamismus mit befördert
Ein kultureller Scheideweg ist in Europa erreicht. Falsch praktizierte Toleranz, unter der Fahne des Multikulturalismus, hat dazu geführt, dass Einwanderergruppen, statt sich zu integrieren, immer stärker die Merkmale ihrer Andersartigkeit haben hervorkehren können. Sie werden als Neubürger demokratischer Staaten begrüßt, aber als Repräsentanten fremder Kulturen gehätschelt, ganz offiziell. „Vielfalt“ lautet das Stichwort, wir wollen kulturelle Vielfalt zelebrieren! Das hat den Multikulturalismus zu einer Ideologie erhoben, und deren Folgen ernten wir jetzt, Tag für Tag.
Wenn demokratische Gesellschaften es versäumen, das einigende Band ihrer Grundlagen zu betonen, wenn sie Vielfalt sagen, statt Brücken zu bauen über all diese vielfältig unterschiedlichen Gruppen hinweg, dann fördern sie geradezu das Entstehen von Parallel-, von Alternativgesellschaften. Multikulturalismus heißt ja auch: Lasst uns nicht so genau hinschauen, was da unter dem Deckmantel der Vielfalt alles entsteht, es gehört sich nicht, unsere Nase in anderer Leute Sitten zu stecken, das wäre rüde, unhöflich, unstatthaft.
Der Rechtsstaat aber steckt seine Nase allemal in unser Leben, insofern er Regeln abverlangt, die einzuhalten nötig sind, damit das friedliche Gemeinwesen zum Vorteil aller gedeihen kann. Wer demgegenüber das ideologische Argument der Multikulturalität hervorkehrt, vertritt in Wahrheit ein Sich-nicht-kümmern, ein gezieltes Hinwegsehen. Er behauptet Toleranz aber praktiziert Vernachlässigung – Vernachlässigung der Grundlagen einer mit sich und ihrer kulturellen Prägung vertrauten Gemeinschaft.
Wozu solche Gewohnheiten führen, erlebe ich hautnah in dem Land, in dem ich wohne, in Großbritannien. Hier hat die Ideologie der Vielfalt geradezu Triumphe erzielt. Steuergelder, Fördermaßnahmen wurden jahrelang gezielt in die einzelnen ethnischen Gemeinschaften gelenkt, damit diese ihre Sonderstellung pflegen konnten anstatt alle Anstrengungen darauf zu lenken, sich so schnell wie möglich in die Gastkultur zu integrieren, in der sie doch voran kommen wollen.
Da aber liegt der Has’ im Pfeffer: Wollen sie es wirklich, müssen sie es, wo so viel staatliche Sorgfalt auf ihre Vielfalt gelegt wird? Unsummen geben die britischen Kommunen allein schon für ihre Sprachdienste aus, die den Neuankömmlingen die Notwendigkeit, rasch Englisch zu lernen, abnehmen, indem sie ihnen alles zum Alltag Nötige in ihrer Heimatsprache erläutern. In dem Stadtteil Londons, in dem ich lebe, auf arabisch, armenisch, assyrisch, bengali, farsi, gujerati, hindi, punjabi, somali, tamil und urdu. Warum sollen sich diese Gruppen integrieren, wenn es ihnen leicht gemacht wird, in ihrem jeweiligen Sprachgetto zu bleiben? Wenn Frauen voll im Burka verschleiert oder im Niqab, wo man nichts als den Augenschlitz sieht, in den Straßen etwa von Birmingham gehen als sei es das pakistanische Peschawar oder das somalische Mogadischu?
Kein Wunder, dass vor allem unter moslemischen Jugendlichen das Gefühl entsteht, sie seien isoliert, gehörten nicht recht zur heimischen Gesellschaft. In Wirklichkeit sind sie Opfer einer Selbstisolierung, aus der sie sich oft nur glauben befreien zu können, indem sie ihren Hass pflegen auf die Kultur der heimischen Mehrheit. Von der sich abzuheben, wird zum Hauptziel ihrer Existenz, deren Grundlagen abzulehnen zum Credo ihrer Radikalität. Kommt dann noch eine Beschwerde hinzu wie der Krieg im Irak, glauben sie alle Argumente auf ihrer Seite zu haben, die westliche Gesellschaft nicht nur zu hassen und abzulehnen sondern sie geradezu zu bekämpfen.
Einer jüngsten Umfrage zufolge würden es 37 Prozent aller britischen Moslems im Alter zwischen 16 und 24 Jahren vorziehen, unter den Gesetzen der Scharia zu leben statt denen des Rechtsstaates. Die Scharia zum Beispiel bestraft Ehebruch mit dem Tode. Der gleiche Prozentsatz der Befragten, also mehr als ein Drittel, würde die Todesstrafe auch begrüßen für Moslems, die zu einem anderen Glauben konvertieren. Fürwahr, der Kampf der Kulturen inmitten dieser Gesellschaft ist bereits weit fortgeschritten. In dem Video-Laden in Birmingham, wo einer der neun in der vorigen Woche festgenommenen mutmaßlichen Terroristen arbeitete, fand man einen Film, der den Kampf gegen die Ungläubigen verherrlicht unter dem Motto: „Oh Allah, zerreiß sie in Stücke“.
Dass im Irak tausende unschuldiger Moslems von moslemischen Terroristen per Sprengstoffattentat in Stücke gerissen werden, geht nicht in die Köpfe der kampfbereiten jungen Islamisten. Sie leben in grundsätzlicher Feindschaft zum Westen, geschürt im Schutz einer falsch verstandenen Politik, die Vielfalt sagt aber Vernachlässigung meint, die Multikulturalität betont statt alles daran zu setzen, an der Basis des Zusammenleben zu arbeiten. Sind wir im Westen rechtzeitig aufgewacht – oder kommt das Aufwachen bereits zu spät?
Wir fürchten, das Aufwachen kommt zu spät. Inzwischen wünschen sich drei Viertel der jungen britischen Moslems verschleierte Frauen, bei den Älteren dagegen sind es „nur“ 28%. Das Problem ist, dass gerade die heranwachsende Generation die westliche Lebensweise ablehnt. So befürworten zwar 37 Prozent und damit mehr als ein Drittel junger Moslems die Einführung der Scharia, gegenüber „nur“ 17 Prozent der über 55-Jährigen.
(Spürnase: Bernd Dahlenburg)
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