Eine kleine Vorahnung, welche Art von „Bereicherung“ der innerparteilichen Kultur uns durch Zuwanderung beschert wird, zeigt die Debatte um den türkischstämmigen Abgeordneten der Linkspartei/PDS, Hakki Keskin Hakki Keskin (Foto). Keskin hat keine Lust, den Völkermord an den Armeniern 1915-1917 durch seine osmanischen Vorfahren anzuerkennen und spricht daher von einem „Pseudo-Völkermord“. Peinlich für die Linkspartei, hat sie doch auch den Bundestagsbeschluss vom Juni 2005 mitgetragen, der die „organisierte Vertreibung und Vernichtung von Armeniern“ im Osmanischen Reich verurteilte.

Nun muss die Linksfraktion sich auf ihrer Frühjahrstagung mit ihrem widerspenstigen Abgeordneten herumärgern, statt Zeit zu haben, auf die Große Koalition einzuschlagen.

Keskin stellt den türkischen Völkermord an den Armeniern in Frage, bei dem 1915 bis zu 1,5 Millionen Menschen ums Leben gekommen sind. In der Vergangenheit hatte sich Keskin bereits mehrfach zweifelnd geäußert, ein Bericht des „Tagesspiegel“ Anfang vergangenen Monats hat jetzt allerdings eine verschärfte Debatte ausgelöst. (…) Keskin gibt derzeit fast täglich Interviews in türkischen Zeitungen und Fernsehsendern und wiederholt dort seine Position. Auch im Gespräch mit SPIEGEL ONLINE stellte Keskin den Völkermord in Frage: Es gebe „keine Belege für einen Völkermord“, sagte Keskin. Zwar seien damals Armenier ums Leben gekommen, „aber war das eine geplante und gewollte Vernichtung der armenischen Bevölkerung?“, fragte Keskin. Damals seien auch „hunderttausende Türken getötet“ worden, was allerdings in der „einseitigen Berichterstattung europäischer Medien“ nicht berücksichtigt würde. Keskin sprach sich dafür aus, eine paritätisch besetzte türkisch-armenische Historikerkommission einzusetzen, um die Vorgänge zu überprüfen.

Aber was soll erforscht werden? Die blutige Vergangenheit der Türkei ist bei unabhängigen Historikern unumstritten. (…) Zahlreiche Fraktionskollegen Keskins erwarten auf der Fraktionsklausur eine Aussprache zu dem Thema. Die Parlamentarische Geschäftsführerin Dagmar Enkelmann warnte im Gespräch mit SPIEGEL ONLINE vor einer „Relativierung des Völkermords“ an den Armeniern. Eine derartige Position sei in der Linksfraktion „undenkbar“. Auch Ramelow betonte „dass in der Fraktion nicht der Völkermord geleugnet“ werde. „Der Beschluss des Bundestages ist Grundlage unseres Handelns“, sagte Ramelow.

Keskin begründet sein Vorgehen nur damit, dass es schließlich auch türkische Opfer gegeben habe, die Türken aber immer nur als Täter vorkämen und die Armenier als Opfer. Außerdem hielte er es nicht für richtig,

dass Angelegenheiten, die vor 90 Jahren in der Türkei passiert sind, denjenigen Menschen, die diese Geschehnisse nicht kennen und die nichts damit zu tun haben, als Problem vorgehalten werden.“

Eine interessante Sichtweise. Wer nicht dabei war, soll die Klappe halten und wenn alle tot sind, was bald der Fall sein dürfte, hat erst recht kein Völkermord stattgefunden. Und dann phantasiert er noch von der „Armenierfraktion“, die hinter allem stünde mit dem Ziel, alle Türken in ganz Europa auszugrenzen, womit wir wieder beim typischen moslemischen Selbstmitleid angekommen wären. Ansonsten liegt Keskin ganz auf der Linie mit dem Türkischen Ministerpräsidenten Erdogan, der zur Bundestagsresolution 2005 gesagt hatte:

Sie sei „nicht nur falsch, sondern auch abstoßend.“

Verärgert über Keskin zeigte sich stattdessen der Vorsitzende der Linksfraktion, Oskar Lafontaine.

„Historische Tatsachen muss man akzeptieren und nicht darüber diskutieren.“

Sein Bestreben, die Angelegenheit mit Stillschweigen zu behandeln, dürfte allerdings misslingen. Zu hoch haben die Wogen auch innerhalb der Partei geschlagen.

(Spürnasen: Cay, Florian G., André M.)

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