Der ehemalige Bundespräsident Roman Herzog hat gemeinsam mit dem Direktor des Centrums für Europäische Politik (CEP), Lüder Gerken, in der WamS massive Kritik an der Europäischen Union geübt. Schon heute stelle sich die Frage, ob Deutschland überhaupt noch eine parlamentarische Demokratie sei, die politischen Strukturen würden sich zentralisieren und die EU-Verfassung würde diesen Zustand noch zementieren. In der EU selbst gebe es gewaltige Demokratiedefizite.
(…) Die Politik der Europäischen Union „leidet in besorgniserregender Weise unter einem Demokratiedefizit und einer faktischen Aufhebung der Gewaltenteilung“, schreiben Herzog und Gerken in der „Welt am Sontag“. Der Bundestag sei in die für Deutschland relevante EU-Gesetzgebung nicht so eingebunden, wie es das Grundgesetz für das deutsche Parlament verlange.
Viele Bundestagsabgeordnete seien über diese Entwicklung ebenfalls beunruhigt, scheuten aber davor zurück, dies öffentlich zu äußern. Hinzu komme, dass die EU immer weitere Kompetenzen erlange, obwohl dies sachlich häufig nicht angebracht sei. Die heutigen politischen Strukturen, die „dieser schleichenden Zentralisierung“ Einhalt gebieten sollen, hätten versagt.
Herzog und Gerken kommen zu dem Schluss, dass diese Probleme durch die EU-Verfassung nicht gelöst werden können. Vielmehr sehen die beiden sogar die Gefahr, dass der Verfassungsvertrag die ihrer Ansicht nach bestehenden Mängel sogar noch verfestigt. Aus diesem Grund verlangen sie eine konstruktive öffentliche Debatte über Stärken und Schwächen der Verfassung. Der derzeitige Verfassungsentwurf sei abzulehnen.
Konkret fordern die beiden Autoren eine Umwandlung des Ministerrates in eine zweite Kammer, die sachwidrige EU-Regelungen verhindern, aber nicht selbst betreiben kann. Außerdem fordern die beiden eine exakte Festlegung der Zuständigkeiten der EU, um die schleichende Zentralisierungstendenz in der EU-Politik aufzuhalten. Auch solle, wie in Deutschland selbstverständlich, das sogenannte Diskontinuitätsprinzip eingeführt werden. Danach verfallen Gesetzesvorhaben am Ende einer Legislaturperiode automatisch, sodass sich die EU nicht, wie momentan üblich, stets aufs Neue mit über zehn Jahre alten Gesetzesinitiativen befassen muss.
Weiterhin solle den Mitgliedstaaten das Recht eingeräumt werden, der EU die Zuständigkeit über einen bestimmten Politikbereich wieder zu entziehen. Dadurch werde einer exzessiven Machtausübung durch EU-Organe vorgebeugt (…)
Das sind weise Worte, die man sich von den heutigen Entscheidungsträgern erhoffen würde. Aber die sagen nichts, wie Roman Herzog feststellt. Es ist der eigenen Partei- und Politkarierre nämlich nicht förderlich, EU-kritisch zu sein. Lieber macht man sich mitschuldig an der Abschaffung der Demokratie.
Den Gastkommentar im Wortlaut kann man hier lesen.
» PI: Es grüßt die totalitäre Vision – EU auf dem schnellsten Weg zur EUSSR
» Fakten & Fiktionen: Herzog: EU gefährdet Demokratie
(Spürnasen: Cay und Phil)
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