Von ACHILL PATRAS | Immer wieder hört man in westlichen Diskursen die Forderung nach einer Reform des Islams. Reform klingt immer gut und: Hat dem Christentum nicht die Reformation geholfen, alten Ballast abzuwerfen? Manchmal hört man sogar die Parallele der Jahre. Der Islam sei mit seinen 1400 Jahren halt noch im Mittelalter. Man müsse dieser Religion Zeit geben, sich zu entwickeln und in einigen hundert Jahren wäre sie dann säkularisiert und kompatibel mit der Moderne.

Da sollte man sich zum einen fragen, wo die Menschen, die solche Forderungen her nehmen, ihre Geduld gekauft haben? Haben wir etwa in einer Gesellschaft wie Europa, in der Muslime jedes Jahr an Anzahl und Prozentzahl signifikant zunehmen, Jahre, Jahrzehnte oder gar Jahrhunderte Zeit, auf die islamische Aufklärung zu warten? Zum anderen – und diese Argumentation ist wohl viel wichtiger – haben diese Menschen das Prinzip der Reformation des Christentums nicht verstanden.

Priester waren der öffentlich-rechtliche Rundfunk des Mittelalters

Im Katholizismus des 15. Jahrhundert gab es erhebliche unchristliche Fehlentwicklungen. Die Religion war stark von Machtinteressen und Politik sowie Wirtschaftsinteressen vereinnahmt worden. Am offensichtlichsten wurde dies über den Ablasshandel, der individuelle moralische Vergehen durch Zahlen an die katholische Kirche vergab. Welche Blasphemie, zu glauben, Menschen könnten für Gott richten. Die christliche Bevölkerung Europas wurde zudem in religiösen Fragen in Unkenntnis gelassen. Die heiligen Schriften sollten nur von Priestern gelesen und ausgelegt werden. Das einfache Volk sollte die Zusammenfassungen in den sonntäglichen Messen aufnehmen und glauben. Die Messen hatten eine ähnliche Funktion wie die Tagesschau heute und die Priesterschaft entsprach in etwa dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk des Mittelalters.

Hauptstoßrichtung der Reformatoren war dementsprechend auch die Informationsfreiheit. Jeder sollte die heiligen Schriften selber studieren können und sich ein eigenes Bild der christlichen Heilbotschaft machen. Das Problem für die katholische Kirche war: Wer das Neue Testament aufschlägt, findet dort kein Wort von Ablasshandel. Es geht sich um Vergebung, innere Umkehr, praktizierte Nächsten- und Feindesliebe anstatt überkommene Rituale. Die Reformation führte zu einer Re-Christianisierung des Abendlandes, dem sich auch die katholische Kirche mittels ihrer Gegenreformation nicht entziehen konnte.

Eine Reformation des Islam bewirkt das Gegenteil des Erhofften

In Anlehnung an das Christentum wird heutzutage gerne eine Reformation des Islams angepriesen. Es bräuchte einen muslimischen Martin Luther, der den Islam mit der Moderne versöhnt und reformiert. Das Problem an der Sache ist, dass Reformation im christlichen Sinne eine Rückkehr zur Bibel bedeutet. Ja, teilweise sogar eine Rückkehr zur wörtlichen Bedeutung des neuen Testamentes. Akteure, die eine Reformation des Islam, also eine Rückbesinnung auf die Quellen fordern, kennen diese nicht. Denn was beim Christentum ein Mehr an Umkehr, Ritualkritik und Nächstenliebe bedeutet, bedeutet beim Islam ein Mehr an Frauenunterdrückung, Eroberungskriegen und Körperstrafen. Denn während der Ablasshandel nicht in der Bibel steht, sind das Schlagen von Ehefrauen bei Ungehorsam und die gewaltsame Bekämpfung von Nicht-Muslimen im Koran in Befehlsform verewigt.

Wenn wir nun also Reformation als eine Rückkehr zu den Quellentexten begreifen, dann bewirkt eine Reformation des Islam das Gegenteil des Christentums. Islamische theologische Ansätze, nach dem der Heilige Krieg entgegen den Beschreibungen im Koran kein gewaltsamer Kampf, sondern eine innere Anstrengung sei, sind erst Jahrhunderte nach der Gründung des Islam entstanden. Damals hatte das Islamische Reich bereits den Großteil der damals bekannten Welt erobert. Die Machthaber waren daher nicht mehr an einem Dauerkrieg gegen ihre Nachbarn interessiert, sondern eher an Handel und Konsolidierung ihrer gewonnen Macht. Blutrünstige Dschihadisten störten damals eher die Herrschaft, als dass sie sie stärkten, also wurden diese theologischen Neuerungen gefördert.

Die Reformation des Islam ist in vollem Gange

Wenn Reformation des Islam wie im Christentum in erster Linie eine Rückkehr zu den Quellen bedeutet, dann müssen wir feststellen, dass die Reformation bereits im vollen Gange ist. Die Reform-Bewegung des Islams heißt Salafismus. Die Salafisten wollen eine Rückkehr zu den Quellentexten und fordern, dass Gläubige die Texte selber lesen und interpretieren sollten. Warum eigentlich auch nicht? Der Koran ist in großen Teilen die wörtliche Rede Allahs zu den Menschen, die nach eigener Aussage keine weitere Interpretation bedarf.

Und der Erfolg gibt den Reformatoren des Islams recht. Der Salafismus ist mittlerweile zusammen mit den ebenfalls „reformorientierten“ Muslimbrüdern die bedeutendste theologische Ausrichtung des Islam. Salafisten und Muslimbrüder streiten dabei eher über die Taktik als über theologische Grundsatzfragen. Man ist sich in der islamischen Orthodoxie einig, dass den Quellentexten die größte, ja einzige Autorität zukommt.

Bewegungen von „Reformmuslimen“ im Westen wie von der Imamin Seyran Ates oder die Lehrstühle für Islamische Theologie wie in Freiburg oder Münster stellen im Wortsinn daher keine Reformation dar. Es handelt sich vielmehr um marginale Abspaltungen, die wohl leider keinen nachhaltigen Einfluss auf die Mehrheit der Muslime haben werden. Aber es ist ohnehin zweitrangig, was sich Entscheidungsträger im Westen über Entwicklungen der islamischen Welt wünschen. Beeinflussen können sie diese kaum. Denn die Reformation des Islam zu seinen totalitären Ursprüngen hat gerade erst begonnen.

Like
Beitrag teilen:
 

24 KOMMENTARE

  1. Der Auslöser für Luthers Reformation war der Ablasshandel und die Forderung zur Abkehr von von der Marienverehrung hin zum „Solus Christus“ .

  2. Die Mohammedaner können sich noch einmal 1400 Jahre Zeit nehmen, um sich zu reformieren, aber bitte nicht in Europa!

  3. Um es mal klar zu sagen, es gibt einen „Reformirten Islam“ der mit allen anderen Religionen klarkommt und alle Menschen akzeptiert wie sie sind, das sind die Aleviten. Diese werden von allen „echten“ Moslems nat. als unrein angesehen und gehasst.
    Der gleube ist derselbe nur das Aleviten im Islam tats. eine Religion der Liebe sehen, alle mordbefehle und hetzerischen Suren usw. werden als Verirrungen und Fälschungen angesehen.

    Interessanterweise wird kaum etwas darüber geschrieben, nirgendwo.
    Assad ist übrigends Alevit (der letzte noch lebende „direkte Nachfahre Mohameds“ und einzige Alevit, Saddam und Gaddhafi waren Suniten), darum gab es unter seiner Regierung auch nie ein Problem für andere Religionen.

  4. Die einzige denkbare Reform ist ein neuer Mahdi, der den letzten Gesandten als Lügner und Betrüger entlarvt.

  5. Church ill 26. Oktober 2019 at 14:27
    Die Mohammedaner können sich noch einmal 1400 Jahre Zeit nehmen, um sich zu reformieren, aber bitte nicht in Europa!

    Der Islam als solcher ist nicht reformierter.
    Daher ist das Gerede vom „liberalen Euro-Islam“ nichts weiter als eine kindische Träumerei.
    Interessant sind hier die Protokolle von Stephen Decatur seiner Befragungen von mohammedanischen Gefangenen vom Zweiten Barbareskenkrieg nach dem Grund für deren raubnomadisches Handeln;
    die einhellige Antwort lautete, dass es der Koran vorschreibt und es essentieller Bestandteil der mohammedanischen Lehre ist.
    Kurzum: die können einfach nicht anders.

  6. UKSoft 26. Oktober 2019 at 14:30
    Um es mal klar zu sagen, es gibt einen „Reformirten Islam“ der mit allen anderen Religionen klarkommt und alle Menschen akzeptiert wie sie sind, das sind die Aleviten. Diese werden von allen „echten“ Moslems nat. als unrein angesehen und gehasst.
    Der gleube ist derselbe nur das Aleviten im Islam tats. eine Religion der Liebe sehen, alle mordbefehle und hetzerischen Suren usw. werden als Verirrungen und Fälschungen angesehen.

    Interessanterweise wird kaum etwas darüber geschrieben, nirgendwo.
    Assad ist übrigends Alevit (der letzte noch lebende „direkte Nachfahre Mohameds“ und einzige Alevit, Saddam und Gaddhafi waren Suniten), darum gab es unter seiner Regierung auch nie ein Problem für andere Religionen.

    Das friedliche und (relativ) gleichberechtigte Zusammenleben mit dem Islam und Mohammedanern in einem Staat funktionierte bis dato ausschließlich unter einer Regentschaft mit harter Hand, wie beispielsweise unter Tito auf dem Balkan, in Ägypten oder eben in Syrien. Selbst im russischen Zarenreich und später in der Sowjetunion hatte man seine liebe Not mit den mohammedanischen Volksgruppen und ausgerechnet solche wurden der UdSSR in Afghanistan zum Sargnagel für das kommunistische Riesenreich.
    Liberalität wie im Libanon führt früher oder später zum Versuch, den islamischen Herrschaftsanspruch mit Gewalt durchzusetzen.

  7. Das Reformieren des Islams ist wahrlich die Rückführung auf seine brutal-kriminelle Wurzel. Und das wird letztlich auch kein strenggläubiger Mohammedaner leugnen. Das ändert auch die Unwissenheit hierzulande nicht. Denn das ist tatsächlich mit Reform gemeint.

  8. Das_Sanfte_Lamm 26. Oktober 2019 at 14:39
    Interessant sind hier die Protokolle von Stephen Decatur seiner Befragungen von mohammedanischen Gefangenen vom Zweiten Barbareskenkrieg nach dem Grund für deren raubnomadisches Handeln;
    die einhellige Antwort lautete, dass es der Koran vorschreibt und es essentieller Bestandteil der mohammedanischen Lehre ist.
    Kurzum: die können einfach nicht anders.
    _____________________________________________________
    Man kann auch an der Quelle suchen.
    Der Grabenkrieg anno 627 war die Folge von Raubüberfällen der Gesellen Mohammeds, der anlässlich des Sieges noch Hunderte von Juden grausam ermorden liess.

    Sofern Steinmeier 2027 noch Bundespräsident ist, wird er den Mohammedanern zum Schlachtfest gratulieren.

  9. Die werden das schon ganz korrekt ausführen, was in den Quellentexten steht. Ist ja nun auch hinreichend bekannt; praktische Anschauungsbeispiele gibt es weltweit hinreichend. Wer genug gehört, gesehen oder erlebt hat und in Thüringen lebt, am Sonntag unbedingt AFD/ Höcke wählen!!!

  10. Church ill 26. Oktober 2019 at 14:27

    Die Mohammedaner können sich noch einmal 1400 Jahre Zeit nehmen, um sich zu reformieren, aber bitte nicht in Europa!
    ——————————-
    Die einzig, richtige Erwiderung.

  11. Abgesehen davon. Möglicherweise benötigen die Deutschen 1500 Jahre, um die Nazizeit zu überwinden.

  12. Egal,wie man den Islam verpackt,verniedlicht,verharmlost oder sonst noch von ihm abzulenken versucht,
    es bleibt Islam.

  13. Ein muslimischer Martin Luther würde wohl sofort
    von der breiten Masse als Beleidiger Allahs und
    des Propheten Mohammeds vernichtet werden.

  14. Bei Religionen gibt es immer die eher „fetten Jahre“, wo viele zwar „pass-religiös“ sind, aber sich nicht allzu viele Gedanken machen, was es genau bedeutet. Es ist halt so eine Art harmloser Tradition.
    Dann gibt es aber immer wieder „Reformer“, die „zurück zu den Ursprüngen“ wollen.

    Es werden von den Gutmenschen oft irgendwelche Zeitalter des Islams angeführt, wo er soooo tolerant war. Das waren aber die „fetten“ Jahre. Bis dann irgendwelche Leute wütend über diese „Abweichler“ sind, die sich zwar Moslems nennen, aber nicht wirklich nach der Lehre des Propheten leben. Und diese erzwingen dann eine „Reform“, im Notfall auch mit harten Mitteln.

  15. Es gibt ja auch den berühmt/berüchtigten Spruch: Luther hat das Christentum vor dem Untergang bewahrt, weil zur damaligen Zeit die „Elite“ der Katholische Kirche nicht mehr an Gott und das Christentum geglaubt haben, sondern im Grunde die Antike und den Humanismus verehrt haben.
    Erst als Reaktion auf Luther mussten die katholischen Päpste und Kardinäle wieder etwas zum Glauben zurückkehren.

  16. ghazawat 26. Oktober 2019 at 14:38

    Die einzige denkbare Reform ist ein neuer Mahdi, der den letzten Gesandten als Lügner und Betrüger entlarvt.
    ————————————————————————————————————————-
    Die Betrüger gaben sich schon immer die Klinke in die Hand. Einzig die zeitlichen Abstände suggerierten den Menschen dass da was wahres dran sein muss an diesen selbsternannten Heilsbringern. Wenigstens schien der Freak Jesus ein netter Mensch gewesen zu sein, das ehrt ihn, macht ihn aber nicht glaubwürdiger für einen Religionskritiker wie mich.

  17. @Das_Sanfte_Lamm 26. Oktober 2019 at 14:24
    Im Grunde hat zur damaligen Zeit kaum einer der Päpste oder Kardinäle noch an Gott und die Bibel geglaubt. Die wollten das Diesseits genießen. Und dazu brauchten sie das Geld der dummen Gläubigen, die sich verachteten.
    Also auch nicht viel anders als heute bei der politischen „Elite“ im Abendland.

  18. … wie die (Titelbild) schon aussehen.

    Da obsiegt doch jedes Vorurteil, welches sich durch die bloße Erscheinung ergibt.

  19. Man sollte schon differenzieren. Mir ist eine Muslima, die wegen eines „zu westlichen“ Lebensstils vor ihrer Familie nach D fliehen muß deutlich sympathischer als sogenannte Christen / Atheisten, die in ihrer linken Gesinnung darin wetteifern, dem politischen und radikalen Islam, repräsentiert durch die Träger der verlausten Bärte, Vorschub zu leisten und dabei christliche bzw. demokratische Werte verraten.

  20. Der Islam muß nicht „reformiert“, sondern verboten werden! Besonders hier in Europa und erst recht in Deutschland. Bald kommt der 9. November…

  21. @ UKSoft 26. Oktober 2019 at 14:30

    Assad ist ein Alawite nicht Alewite aber trotzdem kein Sonntagschullehrer.
    Die Alawiten bzw. Nusairier sind eine religiöse Sondergemeinschaft in Vorderasien, die im späten 9. Jahrhundert im Irak entstanden ist und zum schiitischen Spektrum des Islam gehört. Sie sind nicht zu verwechseln mit den türkischen und kurdischen Aleviten, die früher Kizilbasch genannt wurden.

  22. Die Reformation des Islams begann mit der Vereinheitlichung des Korans (Kairo-Ausgabe) und den dann folgenden Lesen dieses Machwerkes eines ungebildeten und gefährliches Karavanenführers.

    Sie dauert bis heute an.
    Die Gläubigen des reformierten Islams lesen den Koran und verstehen die Inhalte. Ohne Imame und Geistliche. UND sie versuchen den Inhalt des Korans auch umzusetzen. Und das ist das gefährliche und die volle Menschenverachtung.

  23. Zurück zu den Quellen des Islams könnte für den Islam auch sehr gefährlich werden. Allah und Mohammed hatten nichts mit dem Islam und Koran zu tun | Dr. Jay Smith. Dr. Jay Smith legt in diesem Vortrag dar, warum er zusammen mit weiteren Wissenschaftlern den typischen Bericht darüber, wie der Islam entstanden ist, anzweifelt. https://www.youtube.com/watch?v=CLk-SClfBGo

  24. Blue02 26. Oktober 2019 at 22:26
    „Das Christentum, auf seinen Ursprung zurückgeführt, ist eine barbarische Bilderstürmer-„Kultur“, wie der Islam.“
    Das Neue Testament hat nichts mit der Barbarei zu tun. Die „Bilderstürmer-„Kultur“ gab es weil die Europäer trotz der Reformation konnten noch lange nicht lesen und schreiben. Diese „Kultur“ des ungebildet in christlichen Schriften zu sein, hat uns die die katholische Kirche hinterlassen.
    Alles nun, was ihr wollt, daß die Leute euch tun sollen, das tut auch ihr ihnen ebenso; denn dies ist das Gesetz und die Propheten.(Matthäus 7,12)
    8 Seid niemand etwas schuldig, außer daß ihr einander liebt; denn wer den anderen liebt, hat das Gesetz erfüllt. 9 Denn die [Gebote]: »Du sollst nicht ehebrechen, du sollst nicht töten, du sollst nicht stehlen, du sollst nicht falsches Zeugnis ablegen, du sollst nicht begehren« – und welches andere Gebot es noch gibt –, werden zusammengefaßt in diesem Wort, nämlich: »Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst!« 10 Die Liebe tut dem Nächsten nichts Böses; so ist nun die Liebe die Erfüllung des Gesetzes.(Römer 13,8)

Comments are closed.